«Es hat sich einfach richtig angefühlt», erzählt Marcin Dickenmann von seinem Wechsel letzten Sommer vom FC Wil zum Ligakonkurrenten FC Aarau. Es liegt auf der Hand, dass Brunello Iacopetta bei diesem Transfer keinen unwesentlichen Einfluss hatte, wusste doch der frühere Trainer der Ostschweizer genau um die Qualitäten seines Rechtsverteidigers. «Für mich war es der angestrebte nächste Schritt in meiner Laufbahn. Natürlich war es von Vorteil, dass ich genau wusste, was der Coach von mir verlangt und was er mit dem Team vorhat», erklärt der 24-Jährige im Gespräch in der «Adlerstube» des Brügglifeld-Stadions.
Der FC Aarau hatte ihm zuvor als Gegner bei seinen Debüts Glück gebracht: Da war einerseits der persönliche Einstand in der Challenge League mit den Grasshoppers am 19. Juni 2020, als er im ersten Spiel nach der rund viermonatigen Corona-bedingten Pause kurz vor Schluss eingewechselt wurde und einen glatten 5:0-Sieg bejubeln durfte. Und ein halbes Jahr später war nach seinem leihweisen Wechsel zum FC Wil wiederum der FCA erster Widersacher, erneut mit dem glücklicheren Ende für Dickenmanns Team, das einen 3:1-Heimsieg errang.

Marcin mit seiner Cousine Lara Dickenmann
Aufgewachsen ist Marcin in Stäfa am Zürichsee als jüngstes von vier Kindern in einer fussballbegeisterten Familie. Sein Bruder kickte bis zur U16 bei GC, die ältere Schwester war beim FC Stäfa aktiv und der Vater stand als Trainer auf dem Feld. Nicht zu vergessen: Cousine Lara Dickenmann, die eine glanzvolle Karriere absolvierte, 135-mal fürs Frauen-Nationalteam auflief, dabei 53 Treffer erzielte und mit Olympique Lyon und dem VfL Wolfsburg zahlreiche Titel gewann.
Wechsel nach 13 Jahren bei GC
Marcin begann im Kindergartenalter in der Nachbargemeinde Männedorf mit Fussballspielen. Mit sieben Jahren konnte auch er zum Grasshopper Club Zürich wechseln. Hier nahm er Stufe um Stufe. 13 Jahre wurden es schliesslich bei seinem Ausbildungsverein. Doch mit dem Einfluss ausländischer Investoren wurde es für die eigenen Spieler nicht einfacher, sich in der 1. Mannschaft des einstigen «Nobelclubs» durchzusetzen.
So erwies sich der Wechsel zum FC Wil für Marcin zum Glücksfall. Insbesondere nach dem Wechsel auf der Trainerposition von Alex Frei zu Brunello Iacopetta blühte der Zürcher auf: «Unter Bruni machte ich meine grösste Entwicklung. Ich verbesserte mich im Offensivspiel, fand mehr Ruhe am Ball und auch die Qualität der Flankenbälle konnte ich steigern.» Dank dem neuen Trainer sei ein familiäres Ambiente im Team entstanden: «Wenn man sich untereinander gut versteht und keiner sein Ego in den Vordergrund stellt, läuft es automatisch besser.»
«Es war zwar eine neue Erfahrung für mich, erstmals die grosse Mehrheit der Fans auf der eigenen Seite zu haben. Aber nach ein paar Spielminuten blendet man das Drumherum weitgehend aus. Ausser wenn zum Beispiel ein gewonnenes Tackling von den Zuschauern gefeiert wird – das macht richtig Spass!»
Auch in Aarau brauchte er keine lange Angewöhnungszeit; viele im Team waren ihm bereits vertraut: «Mit Serge Müller besuchte ich einst die Schule, mit Nikola Gjorgjev spielte ich bei GC zusammen und bei Wil waren Valon Fazliu, Henri Koide und Yannick Toure meine Teamkollegen.» Inzwischen ist bekanntlich mit Sofian Bahloul ein weiterer Ex-Wiler zum FC Aarau gestossen. «Linus Obexer kannte ich vor allem als Gegenspieler, wir hatten uns in den vergangenen Jahren viele hitzige Duelle geliefert», lacht Marcin.
Von der grösseren Erwartungshaltung der Öffentlichkeit gegenüber der Zeit in Wil lässt sich der Spieler mit der Nummer 29 nicht nervös machen: «Es war zwar eine neue Erfahrung für mich, erstmals die grosse Mehrheit der Fans auf der eigenen Seite zu haben. Aber nach ein paar Spielminuten blendet man das Drumherum weitgehend aus. Ausser wenn zum Beispiel ein gewonnenes Tackling von den Zuschauern gefeiert wird – das macht richtig Spass!»
«Wir rücken nicht von unserem Plan ab»
Spass macht natürlich auch die gegenwärtige Siegesserie: «Sieben Spiele in Serie zu gewinnen, ist auch für mich etwas Neues. Schön, dass ich Teil dieses aktuellen Höhenflugs sein darf. Ohnehin empfinde ich es als eine Ehre und ein Privileg, bei einem Verein mit dieser Geschichte und Tradition, unterstützt von so vielen Fans, spielen zu können.»
Marcin sagt über sich selbst, er sei einer, der es gerne lustig habe und immer gut gelaunt sei. «Ich bin sehr hilfsbereit gegenüber Menschen, mit denen ich es gut habe.» In seiner Freizeit mag er es zu «gamen», aber auch für Tennis, Biken und Wandern in den Bergen kann er sich begeistern. In Suhr hat er eine 1-Zimmer-Wohnung bezogen. «Das passt gut so. Aber vielleicht suche ich mir nächstens etwas Grösseres.» Besuch erhält er oft von seiner Freundin Evelina. Mit ihr plant er im nächsten Sommer San Francisco und die umliegenden Nationalparks zu bereisen. «Ich bin ein grosser USA-Fan», verrät er.

Im Duell mit Michael Heule (Ouchy)
Der Fokus aber gilt momentan selbstredend dem letzten Saisondrittel: «Wir rücken nicht von unserem Plan ab und nehmen Spiel für Spiel. Auch die Partie gegen Schaffhausen werden wir keineswegs auf die leichte Schulter nehmen. Wir wissen ja, wie es läuft in der Challenge League, da ist jeder Match ein hartes Stück Arbeit. Das war auch bei den letzten sieben Spielen nicht anders.»
Matchzeitung Nr. 14 (2024/25) lesen
Dieser Artikel ist am 1. März 2025 in der Ausgabe Nr. 14 (Saison 2024/25) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Schaffhausen erschienen.