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Unser Offensivspieler Henri Koide erzählt in seiner freundlichen, offenen und zugleich reflektierten Art von einschneidenden Erfahrungen, welche seinen bisherigen Weg geprägt haben.

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Ein Flickflack vorwärts, gefolgt von einem Rückwärtssalto – eine akrobatische Einlage, die selbst für langjährige Turner anspruchsvoll ist. Henri Koide zeigt diese Kombination als Jubel, sauber ausgeführt, ohne Sprungboden oder Matten. Geübt hat Koide den Salto bereits als Zehnjähriger und über die Jahre perfektioniert. «Es kommt immer aus dem Gefühl heraus. Die Situation muss passen», erklärt Koide. Schon zwei Tage nach unserem Gespräch passt alles. Koide erzielt das erste Tor des Abends beim 3:0-Auswärtssieg in Schaffhausen und bejubelt seinen Treffer mit der akrobatischen Einlage vor dem Gästesektor. Es ist bereits der vierte Torerfolg in dieser Saison für den Stürmer. In der noch jungen Meisterschaft hat Koide bereits jetzt mehr Spielminuten absolviert als in der gesamten letzten Spielzeit.

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Henri Koide bejubelt einen Treffer mit einem Salto

Geboren in Zürich, wuchs Koide als Zweitältester zusammen mit seinen drei Geschwistern in Glattbrugg auf. Die Eltern, beide mit Wurzeln in der Elfenbeinküste, haben sich in der Schweiz kennengelernt. Er begann bereits im Alter von fünf Jahren beim FC Glattbrugg mit dem Fussballspielen, wo er während vier Jahren unter demselben Coach trainierte, mit dem er bis heute in Kontakt steht. In dieser ansonsten unbeschwerten Zeit ereignete sich fernab vom Fussballplatz ein einschneidendes Erlebnis im Leben von Henri Koide. Bei einem Unfall in der heimischen Küche wurde er als Achtjähriger von kochend heissem Wasser am Arm und Bein verbrannt und ernsthaft verletzt. Grosse Narben zeugen auch heute noch von diesem traumatischen Ereignis. «Ich erinnere mich an den Unfall und die Schmerzen heute noch, als wäre es erst gestern passiert», so Koide. Als Kind und Jugendlicher sei er sehr direkt darauf angesprochen worden und habe aus Scham oft auch im Sommer Pullover getragen, um die Narben zu verdecken. Mittlerweile hat er damit seinen Frieden geschlossen und leidet auch an keinen Spätfolgen.

Ausbildung in der FCZ Academy

Wie so oft in Geschichten von Fussballprofis hatte ein einziges, zufällig wirkendes Spiel in der Juniorenzeit einen entscheidenden Einfluss auf die weitere Entwicklung. Bei einem Match gegen Regensdorf erzielte Koide alle drei Tore. Ein anwesender Juniorentrainer des FC Zürich wurde auf Koide aufmerksam und wollte ihn in die FCZ Academy holen. «Als ich dies meinen Eltern erzählte, waren sie skeptisch. Meine Schilderungen waren wohl nicht besonders glaubwürdig», erinnert sich Koide lachend, doch der FCZ-Trainer besuchte die Familie Koide zuhause und bald wurde der Wechsel Tatsache.

«Ich hätte mir keinen besseren Betrieb wünschen können.»

Henri Koide, über seine Lehrzeit

Gute Erinnerungen hat Koide auch an sein erstes Testspiel mit der 1. Mannschaft des FC Zürich. Obwohl das Spiel für den damals 17-Jährigen schlecht begann, indem er einen Penalty verschuldete, der vom Torhüter jedoch gehalten wurde, konnte er sich schnell rehabilitieren. Koide gab im direkten Gegenzug den Assist für das erste Tor und krönte seine Leistung kurz vor Spielende mit einem Kopfballtor. Als U21-Spieler unter dem früheren FCA-Cheftrainer Marinko Jurendic erhielt er einen Termin bei FCZ-Präsident Ancillo Canepa, der dem jungen Angreifer zu dessen Überraschung seinen ersten Profivertrag vorlegte.

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Henri Koide im Heimspiel gegen den FC Vaduz

Wenig später folgte das Super-League-Debüt von Henri Koide. Bei einem 1:0-Heimsieg gegen den FC Lugano bestritt Koide, damals 19-jährig, seine ersten Einsatzminuten in der höchsten Schweizer Liga. «Ich habe wunderbare Erinnerungen an mein Debüt», erzählt Koide, der in diesen Monaten auch noch seine Lehre erfolgreich abschliessen konnte. Trotz seiner Fortschritte im Profibereich erhielt Koide beim FC Zürich nur wenig Spielzeit, weshalb im Januar 2021 eine Leihe zum FC Wil vereinbart wurde, welcher zu dieser Zeit vom späteren Aarau-Trainer Alex Frei trainiert wurde. In der Ostschweiz gab es für Koide jedoch häufig nur Kurzeinsätze, und so kehrte er früher als geplant wieder nach Zürich zurück. «Damals war ich unzufrieden und liess mich von vielen Stimmen beeinflussen. Mit meinen heutigen Erfahrungen hätte ich wohl etwas geduldiger sein sollen», blickt Koide zurück.

Blitztransfer nach Antwerpen

Im Sommer erhielt er eine neue Chance beim FC Zürich unter dem späteren Meistertrainer André Breitenreiter. Allerdings plagte sich Koide mit Knieschmerzen herum und schliesslich war eine Operation am Meniskus unumgänglich. Nach einigen Wochen Reha war Koide zurück und konnte mit guten Trainingsleistungen auf sich aufmerksam machen. Im Winter 2022 meldete Neuchâtel Xamax Interesse an einer Verpflichtung an, woraufhin eine halbjährige Leihe vereinbart wurde. Kurios: In Neuchâtel gab er wie schon in Wil sein Debüt für den neuen Verein gegen den FC Aarau. Insgesamt verbuchte Koide, nachdem die Leihe über den Sommer hinaus verlängert worden war, in 29 Einsätzen zwölf Torbeteiligungen für die Neuenburger.

Allerdings wurde die Spielzeit nach dem Trainerwechsel von Andrea Binotto zu Jeff Saibene weniger, sodass das Interesse des damaligen belgischen Zweitligisten Beerschot aus Antwerpen in der Winterpause zum richtigen Zeitpunkt kam. Aber Xamax sprach sich vorerst gegen einen Wechsel aus, weshalb Koide zu Beginn der Rückrunde in Schaffhausen noch für die Neuenburger zum Einsatz kam. Danach wurde es hektisch: «Zurück in der Kabine schrieb mir mein Berater, dass ich meine Sachen packen soll, weil in wenigen Stunden schon der Flieger nach Belgien starten werde.»

«Der FC Aarau war schon zu meiner FCZ-Zeit etwas Besonderes – immer ambitioniert und mit einer tollen Atmosphäre.»

Henri Koide, über den FC Aarau

Mit seinem Berater reiste Koide nach Antwerpen, um den Medizincheck zu absolvieren und die Vertragsdetails zu klären; schliesslich unterzeichnete er einen Kontrakt über zwei Jahre. Nach den beiden ersten Einsätzen erlitt Koide in der dritten Woche jedoch einen Muskelfaserriss bei einem Trainingssprint und fiel in der Folge während längerer Zeit aus. Diese Zeit war trotz Besuchen von Familie und Freundin Elisa, welche seit sieben Jahren an seiner Seite ist und mit ihm inzwischen in der ersten gemeinsamen Wohnung in Regensdorf wohnt, schwierig. Erst recht, als ihm nach der Sommerpause signalisiert wurde, dass er wohl kaum zu regelmässigen Einsätzen kommen würde. Dazu kamen Turbulenzen mit den saudischen Geldgebern, sodass sich Koide eine Rückkehr in die Schweiz wünschte.

Bald kam die Anfrage vom Brügglifeld: «Der FC Aarau war schon zu meiner FCZ-Zeit etwas Besonderes – immer ambitioniert und mit einer tollen Atmosphäre», schwärmt Koide. Einzig ein Gespräch mit Alex Frei stand noch aus, denn die erste Zusammenarbeit in Wil war für beide Seiten enttäuschend verlaufen. «Unser Austausch war gut, ich konnte mich erklären und Alex war auch nicht nachtragend», so Koide. Er habe auch das Vertrauen von Sandro Burki und Elsad Zverotic gespürt und gewusst, dass er geduldig bleiben müsse.

«Ich fühle mich sehr wohl in Aarau und habe Freunde auf und neben dem Platz gefunden», sagt Koide, der in Aarau noch einen Vertrag bis 2026 besitzt und sich mit seiner Art auf und neben dem Platz noch in viele Fanherzen spielen wird.

Matchzeitung Nr. 8 (2024/25) lesen

Dieser Artikel ist am 25. Oktober 2024 in der Ausgabe Nr. 8 (Saison 2024/25) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Stade Nyonnais erschienen.

Download: Matchzeitung Nr. 8 (2024/25)

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