HEIMSPIEL traf Thomas Tschuppert zum Gespräch in Triengen, der Luzerner Gemeinde, nördlich von Sursee gelegen, angrenzend an den Kanton Aargau. «Hier in einem Pub unterschrieb ich 1981 meinen ersten Vertrag mit dem FC Aarau, im Beisein von FC-Sursee-Präsident Hans Zust und der Aarauer Delegation mit Sportchef Ernst Brunner und Trainer Paul Stehrenberger», erinnert sich der mittlerweile 65-jährige Rentner.
«Die Aarauer bemühten sich mehr um mich. Nach dem Aufstieg herrschte dort eine Euphorie, diese Aufgabe reizte mich.»
Aufgewachsen in Buttisholz, wo er sich als Junior dem örtlichen Fussballverein anschloss, wechselte er bald zum «grossen» Nachbarn FC Sursee und glänzte dort als Goalgetter. Klar, dass er als Torschützenkönig der 1. Liga die Aufmerksamkeit auf sich zog. «Der Nationalliga-B-Club Grenchen mit dem späteren FCA-Trainer Zvezdan Cebinac wollte mich verpflichten, aber da war mir der Aufwand zu gross, um diesen relativ weiten Weg auf mich zu nehmen und nur eine Liga höher spielen zu können.» Vor der Saison 1981/82 buhlten auch der FC Luzern und der FC Aarau um den Mittelstürmer. «Die Aarauer bemühten sich mehr um mich. Nach dem Aufstieg herrschte dort eine Euphorie, diese Aufgabe reizte mich. Andererseits rechnete ich mir beim FCL nicht grosse Einsatzchancen aus, da mit Peter Risi ein sehr treffsicherer Stürmer auf meiner Position spielte.»
Ein paar Goalie-Handschuhe für alle Fälle
Aaraus Coach Paul Stehrenberger sah in seiner Neuverpflichtung aber nicht nur einen Angreifer. «Als Agapios Kaltaveridis im Startspiel in Basel mit Rot vom Platz musste, fragte mich ‹Stehri›, ob ich mir auch die Rolle als Verteidiger zutrauen würde», erzählt Tschuppert.
So wurde der polyvalente Spieler in seinen ersten Jahren im Aarauer Dress immer wieder auf anderen Positionen eingesetzt. In der Cupsieger-Saison spielte «Tschuppi» mal als Vorstopper (Innenverteidiger), dann als Rechts- oder Linksverteidiger, rechts im Mittelfeld oder auch im Sturm. «Der Fanclub Aarau 1981 überreichte mir spasseshalber bei einem Treffen ein paar Goalie-Handschuhe für den Fall, dass ich auch als Torhüter mal gebraucht werden würde», erinnert er sich schmunzelnd.

Tschuppert (links) mit Hansruedi Schär und Alain Sutter (GC)
Inklusive der Spiele im Cup absolvierte Tschuppert in jener Spielzeit, als die Aarauer unter ihrem neuen Trainer Ottmar Hitzfeld die Fussballschweiz mit Pressing und riskanter Offsidefalle verblüfften, 28 Partien über die volle Distanz. Im Cupfinal am 27. Mai 1985 gegen Neuchâtel Xamax musste sich der Allrounder allerdings mit einer Jokerrolle begnügen. Unmittelbar nach Walter Iselins «Tor des Jahres» in der 86. Minute wurde Tschuppert für Charly Herberth eingewechselt und half, die 1:0-Führung über die Zeit zu retten. «Klar war ich enttäuscht, dass ich bei diesem grossen Spiel nicht in der Startformation stehen durfte. Aber mir ging es immer ums Team. Und diesen Tag werden wir stets in bester Erinnerung behalten. Die grossartige Stimmung im Wankdorf-Stadion mit den Aarauer Fans, welche unter den 32 000 Zuschauern klar in Überzahl waren. Danach der einzigartige Empfang mit tausenden begeisterten Leuten auf dem Aargauerplatz.»
«Da war sicher Hitzfeld ein wichtiger Faktor. Und wir hatten gute Routiniers im Team, die andernorts nicht mehr erste Wahl waren. Mit jedem Sieg wuchs das Selbstvertrauen. Wir glaubten, Berge versetzen zu können. Ausserdem hatten wir einen super Teamgeist.»
Worin sieht Tschuppert das Geheimnis des Erfolgs jener Saison, in welcher der FC Aarau hinter Servette Rang 2 belegte und den bis heute einzigen Cupsieg der Vereinsgeschichte feiern konnte? «Da war sicher Hitzfeld ein wichtiger Faktor. Und wir hatten gute Routiniers im Team, die andernorts nicht mehr erste Wahl waren. Mit jedem Sieg wuchs das Selbstvertrauen. Wir glaubten, Berge versetzen zu können. Ausserdem hatten wir einen super Teamgeist. Nach jedem Heimspiel gingen wir alle zusammen mit unseren Partnerinnen essen.»
Intermezzo beim FC St. Gallen
Trotz der Begeisterung im Umfeld des Brügglifeld-Vereins verliess der Buttisholzer den FC Aarau nach vier Jahren. «Ich erhielt ein interessantes Angebot vom FC St. Gallen, der einen Ersatz für den zu Lugano wechselnden Christian Gross suchte. Von Gross konnte ich auch gleich die Wohnung übernehmen.» Für Tschuppert stand das Jahr in der Ostschweiz unter keinem guten Stern. Immer wieder wurde er durch Verletzungen zurückgeworfen. «Nach dieser Saison kontaktierte mich Ernst Brunner und fragte, ob ich nicht wieder nach Aarau zurückkommen wolle. Ernst war mein Förderer. Ihm habe ich viel zu verdanken», erinnert er sich an das langjährige FCA-Vorstandsmitglied.

Tschuppert im Trikot der Schweizer Nati
Nach seiner Rückkehr war Thomas Tschuppert fortan unumstrittener Stammspieler in der Innenverteidigung. Gefragt nach seinen Stärken, sagt er: «Mit meinen 1,72 Metern war ich nicht der Grösste, aber dieses Defizit machte ich mit einer guten Sprungkraft mehr als wett. Ich konnte mich durch eine hohe Spielintelligenz auszeichnen, war beidfüssig, laufstark und verfügte über einen grossen Willen. Ich sah nur selten eine Gelbe Karte, weil ich gut antizipierte und bei meinen Tacklings fast immer den Ball erwischte.»
Manndeckung auf Rudi Völler
Eine überragende Saison 1987/88, in welcher der FC Aarau bis zum letzten Spiel um den Meistertitel kämpfte, bescherte ihm die Berufung in die Schweizer Nationalmannschaft, was ausser Christoph Gilli (1 Testspiel, 1986) während über 50 Jahren kein Aarauer mehr geschafft hatte. So stand er am 27. April 1988 beim Länderspiel gegen die Bundesrepublik Deutschland in Kaiserslautern auf dem Feld, um Rudi Völler in Manndeckung zu nehmen. Trotz der 0:1-Niederlage erhielt Tschuppert gute Kritiken und kam in vier weiteren Nati-Spielen, darunter gegen England und Spanien, über die volle Distanz zum Einsatz. «Bei der Nationalhymne lief es mir jeweils kalt den Rücken runter. Es bedeutete mir sehr viel, die Schweiz vertreten zu dürfen, aber durch diese Auftritte auch den FC Aarau und meinen Stammclub Buttisholz.»

Tschuppert (2. von links) beim Abschied im Stadion Brügglifeld
Mit dem FC Aarau zog Tschuppert noch ein weiteres Mal in den Cupfinal ein. Gegen den Grasshopper Club Zürich setzte es 1989 allerdings eine 1:2-Niederlage ab. «Nach den beiden Goldmedaillen für den Gewinn des Ligacups 1981 und den Cupsieg 1985 bereicherte somit eine silberne meine Sammlung», bilanziert Tschuppert.
«Ich bin stolz und dankbar, was ich im Fussball erleben durfte. Beim FC Aarau hatte ich eine super Zeit. Ich hatte mich immer als Einheimischer gefühlt und viel Wertschätzung von den Leuten erfahren. Das heisst etwas als Luzerner!»
Zwei Jahre später beendete er 31-jährig nach 324 Einsätzen für den FC Aarau seine eindrückliche Karriere auf höchster Ebene und wechselte zusammen mit seinem langjährigen Wegbegleiter Charly Herberth zum FC Sursee. Im zweiten Jahr gelang dem Club vom Sempachersee der erst- und einmalige Aufstieg in die Nationalliga B. Doch Tschuppert, der nie voll auf die Karte Fussball setzte, sondern «nebenbei» bei der Luzerner Kantonalbank erfolgreich tätig war, setzte einen Schlusspunkt unter seine Aktivkarriere. «Ich bin stolz und dankbar, was ich im Fussball erleben durfte. Beim FC Aarau hatte ich eine super Zeit. Ich hatte mich immer als Einheimischer gefühlt und viel Wertschätzung von den Leuten erfahren. Das heisst etwas als Luzerner! Die Derbys gegen den FCL waren für mich besonders speziell. In meiner Region sind zwar fast alle Luzern-Fans, aber es ehrte mich, dass viele jeweils wegen mir ins Brügglifeld an die Spiele kamen.»
Gemeinderat in Buttisholz
Der zweifache Vater, der seit 45 Jahren mit seiner Frau Cornelia zusammen ist, liess kürzlich in Buttisholz ein Zwei-Generationen-Haus bauen, in welchem nun auch Sohn Yannick mit seiner Familie wohnt. Tschuppert, der vier Jahre den FC Sursee präsidierte und sechs Jahre dem Golfclub Oberkirch vorstand, hat sich frühzeitig pensionieren lassen und engagiert sich seit 2020 im Gemeinderat. «Sei es beim FC Sursee oder jetzt in Buttisholz: Mir war und ist es ein Anliegen, etwas zurückzugeben und meine Lebens- und Berufserfahrung einbringen zu können.» Wer ihn kennt, wird sagen: Typisch Tschuppi!
Matchzeitung Nr. 18 (2024/25) lesen
Dieser Artikel ist am 18. April 2025 in der Ausgabe Nr. 18 (Saison 2024/25) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Vaduz erschienen.