Bild zu diesem Beitrag
Veröffentlicht am
von
Autor

Inzwischen ist Phil Tiernan bereits seit sechs Jahren als Physiotherapeut beim FC Aarau im Einsatz und hat sich als Engländer in der Schweiz bestens eingelebt.

Werbung Schalten Sie Ihre Werbung auf dieser Seite.

Phil, du bist in England aufgewachsen und hast auch deine Schulzeit dort verbracht. Erzähl uns etwas über deine Jugendzeit.

Daniel Angelini

Ich habe meine Kinder- und Jugendzeit in Wokingham verbracht. Das ist eine alte historische Marktstadt, ungefähr 40 Minuten von London entfernt. Nicht weit weg liegt die regionale Hauptstadt Reading. Eigentlich sind sich Wokingham und Aarau sehr ähnlich, darum habe ich mich auch sofort wohlgefühlt, als ich zum FCA gekommen bin.

Phil Tiernan

Wie war es mit Sport in Wokingham?

Daniel Angelini

Ich habe mich schon immer für Sport interessiert und auch früh bei Anlässen mitgeholfen. Als ich 12 Jahre alt war, durfte ich bereits die noch jüngeren Kinder in einem Fussballcamp betreuen. Mit 16 half ich im Kids Camp des Sportzentrums aus.

Phil Tiernan

Hast du auch selber Sport betrieben?

Daniel Angelini

Ja, ich versuchte es in verschiedenen Sportarten, zum Beispiel Cricket, Tennis, Rugby und auch Fussball.

Phil Tiernan

Welche Ausbildung hast du gemacht?

Daniel Angelini

Mit 18 habe ich begonnen, Business Marketing zu studieren. Ich habe dann als Account Manager in einer Softwarefirma in London gearbeitet. Mit 25 Jahren wurde mir aber bewusst, dass ich den Sport vermisse. Der Job war zwar sehr gut, aber ich musste etwas ändern. So beschloss ich, auf Reisen zu gehen, um die Welt kennenzulernen. In Australien habe ich mir dann das Sprunggelenk gebrochen. Das war mein Glück!

Phil Tiernan
«Ich hatte schon früher oft mit Verletzungen zu kämpfen gehabt und deshalb einige Erfahrung in Physiotherapie. Und so entschloss ich mich, eine Ausbildung in diese Richtung zu machen.»

Phil Tiernan, über seine Berufswahl

Ein gebrochenes Sprunggelenk als Glücksfall?

Daniel Angelini

Ja, denn dadurch lernte ich einen sehr guten Physiotherapeuten kennen, der mich behandelte und mich auch inspiriert hat. Ich hatte schon früher oft mit Verletzungen zu kämpfen gehabt und deshalb einige Erfahrung in Physiotherapie. Und so entschloss ich mich, eine Ausbildung in diese Richtung zu machen.

Phil Tiernan

Hast du das dann gleich bei ihm in Australien gemacht?

Daniel Angelini

Nein, aber ich bekam den Tipp, dass in den Niederlanden die Physiotherapie-Ausbildung einen hervorragenden Ruf geniesst...

Phil Tiernan

...das kann ich bestätigen. Wir hatten beim FC Aarau auch schon Physiotherapeuten aus den Niederlanden!

Daniel Angelini

Ich habe dann die vierjährige intensive Ausbildung absolviert. Das Gute daran ist, dass sie eben vier Jahre dauert und nicht nur drei, wie an anderen Orten üblich. Im vierten Jahr kann man sich dann auf Sport-Physiotherapie konzentrieren, was mir natürlich sehr entgegenkam.

Phil Tiernan

Welches war deine erste Stelle nach dem Abschluss?

Daniel Angelini

Ich war im Nachwuchs des FC Bournemouth tätig. Das war allerdings nur eine Teilzeitstelle, die ausserdem schlecht entlöhnt wurde. Ich suchte also nach einer Vollzeitstelle und landete schliesslich in Aarau.

Phil Tiernan
Bild zu diesem Beitrag

Daumen hoch: Phil Tiernan mit Linus Obexer

Wie bist du zum FC Aarau gekommen?

Daniel Angelini

In der Ausbildung war auch ein Physiotherapeut des FC Winterthur. Der hat mir den Tipp gegeben, dass der FC Aarau einen Physiotherapeuten suchte. Ich hätte auch in einer Privatpraxis arbeiten können, aber für mich war klar, dass ich in den Profifussball einsteigen wollte. Ich war mir sicher, dass dies für mich richtig war und ich es schaffen würde. So habe ich mich beworben – und es hat geklappt!

Phil Tiernan

Hattest du vorher schon etwas von Aarau und seinem Fussballclub gehört?

Daniel Angelini

Nein, da muss ich ehrlich sein. Als ich den Tipp bekam, habe ich zuerst einmal gegoogelt, was das für eine Stadt und für ein Club ist. Das Logo mit dem Adler hat mir gefallen, und auch sonst hat alles einen guten Eindruck auf mich gemacht. Es war eine gute Gelegenheit, mein Können praktisch einzusetzen und den Spielern nach Verletzungen dabei zu helfen, wieder einsatzbereit zu werden. Viel profitiere ich natürlich auch vom Wissen von Dirk Wüst (FCA-Osteopath, Red.).

Phil Tiernan

Was gefällt dir an der Arbeit beim FC Aarau?

Daniel Angelini

Wir arbeiten sehr gut zusammen, von der Vereinsleitung bis zu allen Angestellten. Alle werden in Entscheidungen miteinbezogen, und auf unsere Meinungen wird auch gehört. So werden Spieler nach Verletzungen langsam wieder an die Mannschaft herangeführt, damit keine falschen, also zu hohen, Belastungen entstehen und Verletzungen wieder aufbrechen. Ein Spieler wird erst wieder eingesetzt, wenn alle Beteiligten es wirklich verantworten können.

Phil Tiernan
«Es kann schon mal vorkommen, dass ich einem Spieler genau erklären muss, was für ihn am besten ist. Auch junge Fussballer überschätzen ihren Körper oft.»

Phil Tiernan, über seine Arbeit

Müsst ihr manchmal Spieler auch bremsen?

Daniel Angelini

Natürlich. Alle wollen logischerweise so rasch wie möglich wieder spielen und denken, je mehr und je intensiver sie trainieren, desto schneller seien sie wieder einsatzfähig. Dabei hilft es am besten, wenn sie die Belastung langsam erhöhen und sich Schritt für Schritt ihren Leistungsgrenzen nähern. Da kann es schon mal vorkommen, dass ich einem Spieler genau erklären muss, was für ihn am besten ist. Auch junge Fussballer überschätzen ihren Körper oft. Da ist es wichtig, ihnen aufzuzeigen, dass sie nichts erzwingen können, sondern behutsam ihr Leistungsvermögen erhöhen müssen.

Phil Tiernan

Was sind die Vorteile dieser Vorgehensweise?

Daniel Angelini

Wir können auch einmal einen Spieler verpflichten, der an anderen Orten wegen Verletzungen nicht mehr viele Einsätze hat. Im Gespräch legen wir dann die Ziele realistisch fest und planen den Aufbau so, dass er irgendwann seine Leistung ohne Angst vor der nächsten Verletzung abrufen kann. Wenn dann einer nach Monaten oder sogar Jahren wieder regelmässig spielen kann, haben wir einen guten Job gemacht.

Phil Tiernan

Das tönt begeistert.

Daniel Angelini

Ja, ich liebe meinen Job. Es ist ein Privileg, im Fussball zu arbeiten und den Verein zu repräsentieren. Und wir sind wirklich ein tolles Team, wie ich bereits gesagt habe. Ich fühle mich wohl hier und werde ernst genommen.

Phil Tiernan
Bild zu diesem Beitrag

Tiernan jubelt nach der Barrage-Qualifikation

Hast du noch Erinnerungen an den Anfang vor sechs Jahren?

Daniel Angelini

Ja, natürlich. Ich erinnere mich an mein erstes Spiel. Es war gegen Lausanne-Sport, und wir hatten viele Fans, die uns unterstützten. Lausanne hatte nur wenige. Das hat mich damals beeindruckt. Was die Fans betrifft, sind wir mit Sicherheit an der Spitze der Challenge League. Sogar in der Super League wären wir nicht die Schlechtesten. Eine solche Treue und Unterstützung finde ich grossartig. Ebenfalls toll ist es, wenn ich sehe, wie viele Leute schon lange beim FC Aarau sind. Ich habe Migi (Peralta) und Elsad (Zverotic, Sportchef) noch als Spieler erlebt, und jetzt sind sie in anderer Funktion immer noch hier. Auch Sandro (Burki, CEO) ist schon bald 20 Jahre im Verein und macht einen grossartigen Job. Er hat für alle ein offenes Ohr und ist für Veränderungen zu haben, wenn sie den Club vorwärtsbringen. Wir sind uns alle bewusst, dass der FC Aarau kein grosser Club ist, dafür sehr kreative Leute hat, die mitarbeiten.

Phil Tiernan

Hast du einen Lieblingsclub ausser dem FC Aarau?

Daniel Angelini

Ja, das ist Manchester United. Ich war sieben Jahre alt, als die «Class of 92» so richtig in Fahrt kam. Das waren Spieler wie David Beckham, Nicky Butt, Gary Neville und Paul Scholes. Manchester United hatte eine richtig tolle Mannschaft und grosse Erfolge zu verzeichnen, sodass ich für sie grosse Sympathien entwickelt habe, obwohl mein Vater wegen der Nähe zu London eher für Tottenham war. Diese erfolgreichen Zeiten der United sind leider momentan weit weg. Wenn dann kurz nacheinander der FC Aarau und die «Red Devils» verlieren, habe ich kein schönes Wochenende.

Phil Tiernan

Herzlichen Dank, Phil, für das Gespräch und weiterhin viel Befriedigung bei der Arbeit als Physiotherapeut des FC Aarau.

Matchzeitung Nr. 11 (2024/25) lesen

Dieser Artikel ist am 8. Dezember 2024 in der Ausgabe Nr. 11 (Saison 2024/25) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Stade Lausanne Ouchy erschienen.

Download: Matchzeitung Nr. 11 (2024/25)

Grösse der PDF-Datei: 8.01 MB (Megabytes)

Kategorie