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Im Gespräch mit unserem Sportkoordinator Roman Hug werden die vielfältigen Schritte beleuchtet, die es bei einem Spielertransfer zu beachten gilt.

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Von den ersten, in den Medien auftauchenden Gerüchten bis hin zur definitiven Vollzugsmeldung dauert es bei Transfers zum Teil mehrere Wochen. Was von den Fussballfans oftmals mit Ungeduld beobachtet wird, ist in Tat und Wahrheit mit den vielschichtigen Prozessen im Hintergrund schlüssig zu erklären.

Wenn aus dem Dschungel an Einsendungen von Spielerberatern, aus den eigenen Scouting-Berichten sowie den umfangreichen Analysen von Datenfeeds ein potenzieller Kandidat für eine Verpflichtung auserkoren worden ist, ist ein sogenannter Erstkontakt herzustellen. Dieser erfolgt im Normalfall zwischen Sportchef Sandro Burki und dem Berater des gewünschten Spielers. Falls Letzterer noch mehr als sechs Monate bei einem Club unter Vertrag steht, muss zuerst der betroffene Arbeitgeber informiert werden, ehe der Spieler bzw. dessen Berater kontaktiert werden darf.

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Raoul Giger und Valon Fazliu - zwei Transfers, die der FC Aarau in diesem Sommer abwickelte

Beim FC Aarau kommt es dann rasch zu einem informellen Austausch mit Cheftrainer Stephan Keller, um die gegenseitigen Vorstellungen – z. B. in Bezug auf die vorgesehene Rolle in einem bestimmten Spielsystem – zu klären. Bei ausländischen Spielern wird oftmals eine «Testphase» vereinbart, d. h. der Kandidat wird mit seinem Berater für einige Tage in die Schweiz eingeladen, um sich das unbekannte Umfeld und die vorhandene Infrastruktur vor Ort anzusehen, um spätere (ungewollte) Überraschungen zu vermeiden. Dabei sind – noch bevor es zu den ersten Verhandlungen kommt – oftmals schon bürokratische Hürden zu nehmen. Bei Angehörigen von Drittstaaten, also Personen aus Nicht-EU/EFTA-Ländern, hilft der Verein nicht nur beim Beantragen eines Visums, sondern muss auch eine Garantie gegenüber den Behörden abgeben, dass die eingeladenen Personen wieder ausreisen; selbstredend sind die komplexen Einreisebestimmungen durch die Corona-Pandemie auch nicht einfacher geworden.

Aushandlung der Vertragsinhalte

Falls es immer noch ein gegenseitiges Interesse zur Zusammenarbeit gibt, kommt es zu ersten, oftmals noch telefonisch geführten Verhandlungen unter der Federführung von Sportchef Burki. Dabei wird der Rahmen des Arbeitsvertrages abgesteckt, wobei vor allem grundlegende Parameter (Vertragslänge, Lohnhöhe, Prämien, Zusatzleistungen) festgehalten werden. Danach folgt ein offizielles Vertragsangebot in schriftlicher Form, welches – je nach Vorstellungen der involvierten Partien – immer wieder angepasst werden muss. Hier gilt es Kompromisse zu finden, denn die einzelnen Vertragspunkte stehen natürlich in Abhängigkeit zueinander. Wenn ein Spieler z. B. einen höheren Grundlohn wünscht, muss er im Laufe der Verhandlungen dafür in anderen Punkten seinerseits Abstriche machen.

Die Angaben müssen von beiden Vereinen unabhängig voneinander im sogenannten «FIFA Transfer Matching System» (TMS) eingegeben werden. Nur wenn sie übereinstimmen, kann die Qualifikation eines Spielers beim nationalen Verband beantragt werden.

Im gleichen Zeitraum sind auch verschiedene Abklärungen mit den früheren Vereinen des Spielers zu treffen. Wenn ein Akteur noch über einen weiterlaufenden Vertrag verfügt, wird eine Vereinbarung mit dem abgebenden Club getroffen, um die Ablösesumme, Bonuszahlungen (z. B. für eine gewisse Anzahl Einsätze) und eine allfällige Beteiligung bei Wiederverkäufen zu regeln. Die Angaben müssen von beiden Vereinen unabhängig voneinander im sogenannten «FIFA Transfer Matching System» (TMS) eingegeben werden. Nur wenn sie übereinstimmen, kann die Qualifikation eines Spielers beim nationalen Verband beantragt werden. Aber auch bei vertragslosen Akteuren ist der letzte Arbeitgeber zu kontaktieren, muss er doch eine Vertragsendbestätigung aushändigen. Ebenso gilt es die Ausbildungsentschädigungen gemäss FIFA-Reglement zu berücksichtigen – vor allem bei ausländischen Spielern ist es zeitintensiv, wenn die Nachwuchsvereine via Schweizer Fussballverband im Heimatland abgefragt werden müssen.

Transferanteil dank «Aargauer Weg»

Auch ist es anspruchsvoll, die Übersicht über spätere Wechsel von Ex-Spielern zu behalten. Nur selten meldet sich der aufnehmende Verein proaktiv, wie es einst beim Transfer von Gökhan Inler von Napoli zu Leicester City vorbildlich geschehen ist. Ansonsten müssen die Verantwortlichen trotz vermeintlicher «Bringschuld» selbst tätig werden – zuletzt vor wenigen Wochen geschehen, als Artur Ionita innerhalb der italienischen Serie B transferiert wurde. Derweil ist der FCA in diesen Fragen um Eigeninitiative und Transparenz bemüht. Erst kürzlich konnte der Aargauer 4.-Ligist FC Schinznach Bad dank dessen Teilnahme am Label «Aargauer Weg» mit einem Check in der Höhe von 7500 Franken aus dem Transfer von Kevin Spadanuda beschenkt werden.

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Checkübergabe beim FC Schinznach Bad in der Person von Marc Grütter (rechts)

In den standardisierten Vertragswerken bei Spielertransfers gibt es auch einen Passus, der den Kontrakt erst gültig werden lässt, wenn auch die Arbeitsbewilligung erteilt worden ist. Angesichts der geltenden Personenfreizügigkeit ist dies bei EU-Bürgern nicht relevant, doch die Bedingungen für Angehörige von Drittstaaten sind weitaus strenger, sodass die Unterlagen oftmals zwecks Vorprüfung beim kantonalen Migrationsamt eingereicht werden, ehe sie dem Staatssekretariat für Migration (SEM) weitergeleitet werden. Dabei muss der Spieler z. B. Einsätze in nationalen Auswahlen und eine Vergangenheit als Profi vorweisen, was je nach Herkunft umfangreiche Abklärungen und Einschätzungen nach sich ziehen kann.

Um einen Spieler nach der erfolgten Unterschrift aber tatsächlich auch einsetzen zu können, bedarf es schliesslich noch der Spielerlaubnis durch die Swiss Football League. Bei einem Inlandstransfer ist sie – nach Einreichen des von allen Parteien unterzeichneten Arbeitsvertrages – normalerweise innerhalb eines Arbeitstages ausgesprochen. Bei internationalen Wechseln braucht es hingegen unter anderem eine Passkopie sowie eine Bestätigung des Heimatverbandes, um die Identität des Spielers feststellen zu können. Aber selbst wenn der Spieler schliesslich auf dem grünen Rasen steht, ist die Arbeit der Verantwortlichen noch lange nicht abgeschlossen, gilt es doch den medial präsentierten Neuzugang in der Folge in verschiedenen Fragen (z. B. Wohnungssuche) tatkräftig zu unterstützen und gegebenenfalls auch die notwendigen Nachkontrollen, welche sich aus den zuvor vereinbarten Vertragsinhalten ableiten lassen, durchzuführen. Aber das ist dann wieder eine andere Geschichte…

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