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Nikola Gjorgjev hat im Fussball schon vieles erlebt - und er ist überzeugt, dass diese Saison ein gutes Ende nehmen wird für den FC Aarau.

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Wir treffen uns in einem Café in Baden zum Gespräch. Für den gebürtigen Wettinger Nikola Gjorgjev ist dies fast ein «Heimspiel». Inzwischen ist er jedoch mit seiner Freundin Alina in die Region Aarau gezogen, nach Suhr. Die Wahl auf Baden als Treffpunkt fiel, da der FC Aarau in der vergangenen Woche im Stadion Esp trainieren durfte, um sich auf Kunstrasen optimal fürs Spiel in Lausanne vorbereiten zu können, während das heimische Team aus der Promotion League gerade im Trainingslager weilte.

Auch Nikolas Vater Orce war durchaus mit fussballerischem Talent ausgestattet. Zusammen mit FCA-Cheftrainer Boris Smiljanic spielte er damals bei den Junioren des FC Wettingen. «Niki» tat es dem Papa gleich und ging ab dem sechsten Altersjahr beim Altenburg-Verein auf Torjagd. Bei einem Saisonabschlussspiel überzeugte er einen anwesenden GC-Scout, sodass Nikola ab der U11 für den Grasshopper Club Zürich auflief.

Super-League-Debüt mit 17 Jahren

Unter Trainer Pierluigi Tami debütierte Gjorgjev in der Super League. Kurz vor seinem 18. Geburtstag gelang ihm sein erster Treffer in der höchsten Liga, bei einem Auswärtsspiel gegen Vaduz. Dazwischen kam er auch immer mal wieder in der U21 zum Einsatz. Sein Übungsleiter dort: Boris Smiljanic. «Der Trainer hatte hohe Erwartungen in mich. Er liess mich auch mal auf der Bank, wenn ich schlecht trainiert hatte. Boris war knallhart, es ging nur nach Leistung. Aber das hat mir gut getan», blickt Nikola zurück.

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Nikola Gjorgjev im Spiel gegen die AC Bellinzona

Von der U15 bis zur U19 wurde der begnadete Techniker («mein Vorbild war schon immer Lionel Messi») auch einige Male für die Schweizer Juniorenauswahlen aufgeboten. «Ich hatte jedoch nicht das Gefühl, dass man hier gross auf mich zählt.» So leistete er einem Aufgebot von Mazedonien (heute: Nordmazedonien), dem Heimatland seiner Eltern, Folge und machte insbesondere bei der U21-EM in Polen auf sich aufmerksam. «Mein Berater informierte mich, dass der Trainer von Twente Enschede, René Hake, mich unbedingt verpflichten wolle.» Bei GC war Gjorgjev unter Trainer Carlos Bernegger kaum mehr zum Zug gekommen. Aber auch sonst hätte er sich diese Chance, nach Holland zu einem derart renommierten Club wechseln zu können, nicht nehmen lassen wollen.

«Die Zeit in Holland lehrte mich, selbstständig zu werden. Ich wohnte alleine, lernte waschen und kochen.»

Nikola Gjorgjev, über sein Gastspiel bei Twente

«Das erste Meisterschaftsspiel mit Twente war bis heute das krasseste Erlebnis meiner Karriere. Wir spielten auswärts vor 45 000 Zuschauern gegen Feyenoord. Es war so laut, untereinander zu kommunizieren war unmöglich und jeder Fehlpass unseres Teams wurde frenetisch gefeiert. Als junger Spieler beeindruckt dich dies noch mehr.» Nach den zwei Startspielen in der Anfangsformation wurde Gjorgjev in der Meisterschaft nicht mehr berücksichtigt. Auch weil der Trainer, der ihn geholt hatte, nach vier Spielen bereits entlassen wurde. Trotzdem bezeichnet der Aargauer dieses Abenteuer als wertvolle Lebensschule. «Die Zeit in Holland lehrte mich, selbstständig zu werden. Ich wohnte alleine, lernte waschen und kochen.»

Als Vizecaptain zum Wiederaufstieg

Obwohl sein Leihvertrag zwei Jahre dauerte, sah er keinen Sinn, dort zu bleiben. So wechselte er auf die Rückrunde der Saison 2017/18 zum FC Aarau. «Die familiäre Atmosphäre, die ich hier antraf, war ein riesiger Unterschied zu GC oder Twente. Das hatte ich so noch nicht erlebt. Man fühlte sich sogleich wohl im Verein.» Sportlich lief es dem inzwischen 20-Jährigen indes nicht wie gewünscht, sodass er im Sommer wieder zu GC zurückkehrte, wo er noch immer unter Vertrag stand.

Nach einem schwierigen Jahr mit dem Abstieg des Rekordmeisters in die Challenge League blühte Gjorgjev immer mehr auf und gehörte in den beiden Saisons im Unterhaus zu den absoluten Leistungsträgern im GC-Team. Als Vizecaptain noch massgeblich am Wiederaufstieg beteiligt, setzte der neue Trainer Giorgio Contini jedoch kaum mehr auf seine Dienste, worauf er die Rückrunde der vergangenen Saison mit Schaffhausen bestritt.

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Gjorgjev lief bereits im Frühjahr 2018 im FCA-Trikot auf. Hinten: Sébastien Wüthrich.

Nach langer GC-Zeit, gespickt mit drei Ausleihen, fiel die Wahl des Wettingers im letzten Sommer erneut auf den FC Aarau. Wie zufrieden ist er mit seiner bisherigen Karriere? «Ich will viel mehr erreichen und mag mich mit dem Geleisteten nicht zufrieden geben. Aber ich habe gelernt, wie der Fussball funktioniert, es muss vieles passen. Es reicht nicht nur Talent, sondern braucht auch harte Arbeit und etwas Glück. Ich bin sicher mental stärker geworden. Noch immer habe ich hohe Ziele, aber ich weiss auch, dass man Tag für Tag nehmen muss.»

«In der Rückrunde kann noch vieles passieren»

Nikola Gjorgjev hat schon vieles erlebt im Fussball, fühlt sich deswegen aber noch nicht als Routinier. «Es wird von mir erwartet, dass ich mehr rede und Verantwortung übernehme. Grundsätzlich bin ich eher der Ruhige und will der Mannschaft mit meinen Leistungen auf dem Platz helfen.»

Zur grossen Figur wurde die Nummer 20 des FC Aarau am letzten Spieltag vor der Winterpause. Mit zwei sehenswerten Treffern zum 2:2 auswärts gegen Lausanne sorgte er für einen versöhnlichen Jahresabschluss, nachdem das Team in der ersten Halbzeit arg enttäuscht hatte. «In der Pause wurde es sehr laut in der Kabine. Ich fand das gut, wie Boris und auch einige Spieler auf den Tisch hauten. Der Match zeigte uns klar auf, dass es nicht reicht, einfach ein bisschen Fussball zu spielen.»

«Wir sind als Team noch näher zusammengerückt. Auch hat uns der Trainer seine Ideen gut vermitteln können.»

Nikola Gjorgjev, über die Wintervorbereitung

Das Trainingslager in der Türkei beurteilt Gjorgjev als sehr gelungen. «Wir sind als Team noch näher zusammengerückt. Auch hat uns der Trainer seine Ideen gut vermitteln können. In der Rückrunde kann noch vieles passieren. Das habe ich letzte Saison mit Schaffhausen erlebt, als wir elf Punkte auf Aarau aufholten.» In der Tat legten die Munotstädter mit 29 Punkten aus den letzten 12 Spielen einen fulminanten Schlussspurt hin, verloren nur noch ein Spiel (gegen Aarau) und qualifizierten sich für die Barrage.

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Gjorgjev jubelt im Auswärtsspiel gegen Yverdon

Der Familienmensch, der gerne mit seinen Liebsten die Freizeit verbringt und den ehemaligen Teamkollegen aus GC-Zeiten, Allan Arigoni, als besten Freund aus Fussballerkreisen bezeichnet, hat früher von der Champions League und vom Ausland geträumt. Jetzt hat er den harten Kampf in der Challenge League angenommen. Der Edeltechniker ist sich nicht zu schade, Defensivarbeit für seine Teamkollegen zu verrichten. So war es auch sein Verdienst, dass Noël Wetz auf der rechten Abwehrseite im Heimspiel gegen Thun viel Lob ernten durfte. «Noël freute sich sehr auf dieses Spiel. Ich sagte ihm, dass ich ihn unterstützen werde, wie ich nur könne.»

Dies tat Gjorgjev bei Minustemperaturen kurzärmlig und ohne Handschuhe. Ein Statement? «Nein, ich fühle mich mit langärmligem Thermo drunter einfach nicht wohl. Mir geht’s da nicht darum, ein Zeichen zu setzen. Das will ich ausschliesslich mit meiner Leistung tun.»

Warm anziehen sollen sich nur noch die Gegner des FC Aarau.

Matchzeitung Nr. 12 (2022/23) lesen

Dieser Artikel ist am 10. Februar 2023 in der Ausgabe Nr. 12 (Saison 2022/23) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den Yverdon Sport FC erschienen.

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