Das Jahr 2017 war gerade erst zehn Tage alt, als für Goran Karanovic und seinen Verein FC Sochaux-Montbéliard aus der französischen Ligue 2 das Cup-Viertelfinalspiel gegen den designierten Landesmeister AS Monaco auf dem Programm stand. Dass Sochaux so weit vorgestossen war in diesem Wettbewerb, daran hatte Karanovic massgeblichen Anteil gehabt. Gegen den oberklassigen FCO Dijon war der Schweizer Stürmer einziger Torschütze für seine Farben gewesen während der regulären Spielzeit (Sieg im Elfmeterschiessen). Und im Achtelfinal gegen das grosse Olympique Marseille war es Karanovic vorbehalten – wiederum im Penaltykrimi –, den entscheidenden Elfmeter zu verwerten zur vielbejubelten Cup-Sensation.
Auch gegen die Monegassen deutete zunächst vieles auf eine Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte hin: «Wir waren in der ersten Halbzeit das bessere Team. Zum 1:0-Führungstreffer konnte ich den Assist beisteuern», erinnert sich Karanovic. Es hätte noch besser kommen können: «Unmittelbar vor der Pause lancierten wir einen Konter, ich lief alleine auf Danijel Subasic zu und wollte diesen umspielen.» Der Torhüter im Gästetor konnte den Ball zwar behändigen, brachte mit seiner Rettungsaktion jedoch den Angreifer zu Fall, der sich dabei einen Kreuzbandriss zuzog. «Das war schon sehr bitter. Aber man muss sich in solchen Momenten immer vor Augen halten, dass es weit Schlimmeres gibt auf dieser Welt als eine derartige Verletzung.» Sochaux verlor das Spiel schliesslich in einem weiteren Elfmeterschiessen und mit Karanovic auch seinen Leihspieler vom Ligue-1-Club SCO Angers, für den die Saison damit natürlich gelaufen war.
«Da hatte ich kurzzeitig ans Aufhören gedacht.»
Zurück bei Angers, wo er in der Saison 2015/16 zu zwölf Teileinsätzen gekommen war, bevor der leihweise Wechsel zu Sochaux über die Bühne ging, bereitete sich Karanovic auf sein Comeback vor. «Acht Monate nach meiner erlittenen Verletzung hätte ich in der 2. Mannschaft erstmals wieder Spielpraxis sammeln sollen. Doch drei Tage vor diesem Match riss das Kreuzband im linken Knie erneut», blickt der Freiämter auf den wiederholten Rückschlag zurück. «Da hatte ich kurzzeitig ans Aufhören gedacht, doch nach dem ersten Frust wusste ich, dass ich es nochmals packen will.»
Angriffsduo mit Platzwart Gil
Ein grosser Rückhalt in dieser schwierigen Zeit waren seine Ehefrau Jovana und Sohn Danilo, der mittlerweile 2-jährig ist. «Fussballer zu werden war immer mein Traum. Aber der Wunsch, dereinst eine Familie zu gründen, stand stets an erster Stelle», betont Karanovic. Als Goran selber etwa im Alter seines Sprösslings war, zog er mit seiner Mutter aus dem damaligen Jugoslawien in die Schweiz, nachdem Vater Karanovic zwei Jahre zuvor – 1989 – hier Arbeit gefunden hatte. In Dottikon aufgewachsen, durchlief das junge Talent alle Altersstufen beim FC Wohlen und debütierte schliesslich als 17-jähriger Kantischüler unter Trainer René Erlachner in der Challenge League. Sturmkollege war damals übrigens Aaraus heutiger Platzwart Gil Hemmi. «Ich konnte viel von Gils Routine profitieren und verstand mich auch sonst sehr gut mit ihm. Wir sind über die Jahre in Kontakt geblieben», sagt Karanovic.
Ciriaco Sforza holte das Stürmertalent zum FC Luzern, war aber nur während zweier Monate dessen Coach. «Nach der Entlassung von Ciri setzten die nachfolgenden Trainer Morinini und Fringer im Abstiegskampf auf erfahrene Angreifer», sieht Karanovic den Hauptgrund, weshalb sein erster Anlauf in der Super League nicht von Erfolg gekrönt war. Nach einer kurzzeitigen Rückkehr zu Wohlen und einer Saison beim SC Kriens bot sich dem zweifachen Schweizer U-21-Internationalen eine weitere Chance bei einem illustren Verein an: «Bei meinen Einsätzen mit Wohlen und Kriens gegen Servette war ich immer angetan von der Spielweise der Genfer. Ich sagte stets, dass ich auch zu Fuss dorthin gehen würde. Rückblickend kann ich sagen, dass der Wechsel zu Servette wohl mein wichtigster Karriereschritt war», erklärt der Vollblutstürmer.
Mit den Genfern schaffte Karanovic in der ersten Saison den Wiederaufstieg in die Super League, im zweiten Jahr die Teilnahme an den Qualifikationsspielen zur Europa League und er war in der dritten Spielzeit beim erneuten Abstieg wie im Jahr zuvor bester Torschütze der Grenats.
Vier Tore am Tag des Aarauer Abstiegs
Der FC Aarau, der als Aufsteiger zur Saison 2013/14 den Platz der Genfer in der Super League übernahm, bemühte sich um die Dienste Karanovics, der sich jedoch für einen Wechsel zum FC St. Gallen entschied. Doppelt bitter für die Aarauer: Nicht weniger als neun Treffer erzielte der Aargauer gegen den Brügglifeld-Verein während seiner beiden Saisons bei den Grün-Weissen. Nach einem Hattrick gegen Aarau liess er sich im Folgejahr gar vier Tore in einem Spiel notieren. Es war notabene jener Match – ein 5:1 –, welches am 25. Mai 2015 die Relegation des FC Aarau zurück in die Challenge League endgültig besiegelte. In einem Interview nach diesem Spiel drückte Karanovic sein Bedauern aus: «Ich habe Sympathien für diesen Verein und es tut mir leid, dass ich einen Teil beigetragen habe zum Abstieg des FC Aarau. Ich hoffe, dass ihnen der baldige Wiederaufstieg gelingt.»
«Mir ist bewusst, dass von mir Tore erwartet werden.»
Drei Jahre danach und anderthalb Jahre nach Karanovics erstem Kreuzbandriss, der diese lange Phase ohne Ernstkampf zur Folge hatte, fanden der FC Aarau und der Freiämter doch noch zusammen. Der seit Sommer arbeitslose Spieler unterschrieb im September einen bis Ende Jahr befristeten Kontrakt. «Die vereinbarte Vertragsdauer war im gegenseitigen Interesse. Was danach folgt, bleibt abzuwarten. Aber wir sind mit Goran zufrieden und ich denke, Goran ist auch zufrieden mit dem FC Aarau», äussert sich Sportchef Sandro Burki zu seinem Stürmer mit der Rückennummer 25. Dem kann Karanovic beipflichten: «Ich gehöre nicht mehr zu den Jungen und bin gerne bereit, vor allem den jüngeren Spielern im Team zu helfen. Mir ist bewusst, dass von mir Tore erwartet werden. Doch ich spüre keinen negativen Druck. Den Druck mache ich mir selber und ohne diesen könnte ich auch keine Leistung erbringen.»
Zwei Treffer in vier Pflichtspielen stehen zurzeit auf Karanovics Konto. Im heutigen Heimspiel wird der Torjäger aber wie bereits am letzten Samstag in Genf der Mannschaft nicht helfen können. «Im Abschlusstraining vor dem Spiel gegen Servette verspürte ich einen Schmerz in der Leistengegend. Trotzdem hoffte ich spielen zu können. Doch nach dem Warm-up im Stadion musste ich forfait erklären.» Die Verletzung stellte sich bei einer genaueren Untersuchung am Montag als Zerrung heraus, womit sich Karanovic in die ohnehin schon lange Verletztenliste des FC Aarau einreiht.
Matchzeitung Nr. 7 (2018/19) lesen
Dieser Artikel ist am 26. Oktober 2018 in der Ausgabe Nr. 7 (Saison 2018/19) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Wil erschienen.