Es ist ein äusserliches Detail, das beim Treffen mit Bastien Conus als Erstes ins Auge sticht – im wahrsten Sinne des Wortes. So ist sein linkes Auge zweifarbig, nebst der Hauptfarbe blau ist der untere Drittel der Iris rötlich gefärbt. «Ich werde zwar oft darauf angesprochen, meistens fällt es den Leuten jedoch erst auf, nachdem sie mich schon länger kennen», erzählt Conus. Die einzigartige Färbung war bei seiner Geburt noch nicht zu erkennen, sondern entwickelte sich erst im Kindesalter.
Aufgewachsen ist Conus zusammen mit den beiden älteren Brüdern Jérémie und Matthieu in einem Vorort von Basel. Die Eltern Martine und Guy-Noël, ursprünglich aus der Region Fribourg, zogen in die Deutschschweiz, da der Vater eine Stelle als Posaunist beim Basler Sinfonieorchester antrat. Die Werdegänge der Brüder lesen sich sehr unterschiedlich. Der älteste Bruder Matthieu arbeitet als Lehrer und wohnt mit Frau und Sohn – dessen Götti Bastien ist –, in der Nähe von Basel. Jérémie, der mittlere der drei Brüder, spielt seit seiner Kindheit begeistert Klavier und machte diese Leidenschaft zum Beruf. Er schloss diverse musikalische Studiengänge mit Auszeichnung ab und tritt (inter-)national sowohl als Solist als auch als Kammermusiker auf. Hörenswerte Kostproben finden sich auf jeremieconus.com.
Von Oliver Kreuzer zum FC Basel vermittelt worden
Ursprünglich war der Fussball bei allen drei Brüdern hoch im Kurs gestanden. Bastien startete als Vierjähriger beim lokalen Verein FC Ettingen, wo zu diesem Zeitpunkt bereits die beiden älteren Brüder spielten. Der ehemalige Fussballprofi Oliver Kreuzer, der Vater seines besten Freundes Tim, organisierte einige Jahre später für die beiden ein Probetraining beim FC Basel. Beide wurden aufgenommen und Conus startete als Elfjähriger seine Laufbahn bei «Rotblau» – dem Verein, der damals den Schweizer Fussball über Jahre hinweg dominierte und dessen Fan auch Bastien war. «Den Traum vom Profifussball hegt wohl jedes Kind, für mich wirkte dieser Traum allerdings lange Zeit wenig real», erinnert sich Conus.
Danach sah es auch aus, als er als 15-Jähriger bei den Baslern mit der Begründung «zu klein und reicht nicht» ausgemustert und zum Stadtrivalen Concordia transferiert wurde. Diese Entscheidung wurde allerdings ein halbes Jahr später wieder rückgängig gemacht. Aufgrund einer schweren Verletzung eines FCB-Juniors wurde Conus zurückgeholt und spielte fortan immer – in der U17-Auswahl sogar als Captain. Ausserdem wurde er für die Schweizer U18-Nationalmannschaft aufgeboten, wo er bis zur Stufe U20 zu mehreren Einsätzen kam.
«Im modernen Fussball haben Aussenverteidiger mittlerweile eine komplexere Aufgabe, sind auch in den Spielaufbau eingebunden und dürfen mehr Verantwortung tragen – dies kommt mir sehr entgegen.»
«Ab dieser Zeit lief es sehr gut für mich. Der Traum wurde mit jedem Jahr greifbarer», sagt Conus. Als Highlights auf den folgenden Nachwuchsstufen sind diverse Einsätze in der UEFA Youth League (U19) zu nennen, insbesondere das Achtelfinale gegen Atletico Madrid, in welchem Conus im Mittelfeld auf der Sechserposition auflief. Meist kam er jedoch als Linksverteidiger zum Einsatz – eine Position, welche ihm als Linksfuss bereits beim FC Ettingen zugeteilt worden war. «Im modernen Fussball haben Aussenverteidiger mittlerweile eine komplexere Aufgabe, sind auch in den Spielaufbau eingebunden und dürfen mehr Verantwortung tragen – dies kommt mir sehr entgegen», erzählt Conus über seine Rolle.
Unabhängig vom sportlichen Aufstieg durfte auch die schulische Karriere nicht vernachlässigt werden: Nach der obligatorischen Schulzeit ging Conus auf die Wirtschaftsmittelschule, wo er auch ein eineinhalbjähriges Praktikum bei der Novartis absolvierte. Danach entschied er sich, erstmals voll auf die Karte Fussball zu setzen. Weil es seine Eltern nicht gerne sahen, wenn er viel Zeit mit Nichtstun zuhause verbrachte, kochte Conus regelmässig für die berufstätigen Familienmitglieder. Was anfangs nur eine Aufgabe war, entwickelte sich zu einer Leidenschaft. In seiner eigenen Wohnung in Buchs kocht er sehr gerne für sich und andere.
Beim FC Basel verblieb Conus bis zur U21-Mannschaft in der Promotion League. Aufgrund der grossen Konkurrenz auf seiner Position stand ein Wechsel in die 1. Mannschaft damals nicht zur Debatte – eine Alternative war gefragt. In dieser Zeit war Conus bereits ein erstes Mal für einen Tag beim FC Aarau und durfte sich in einem internen Testspiel zeigen. Zu einer Verpflichtung kam es jedoch nicht, stattdessen wechselte er mit einem Zwei-Jahres-Vertrag zum FC Chiasso.
Weit weg von zuhause, zum ersten Mal in einer eigenen Wohnung und anfänglich mit wenig Einsatzzeit – der Start im Tessin hätte einfacher sein können. Doch Conus biss sich durch und konstatiert mit etwas Abstand: «Die eineinhalb Jahre bei Chiasso haben mich als Sportler enorm weitergebracht, aber auch menschlich bin ich in dieser Zeit gereift.» Da im Training in Chiasso ausschliesslich italienisch gesprochen wird, besuchte Conus einen Italienischkurs. «Immer wenn ich ein Wort nicht wusste, habe ich das französische Wort genommen und dies möglichst italienisch ausgesprochen», erzählt Conus und fügt lachend an, dass diese Taktik enttäuschend selten erfolgreich war. Aufgewachsen war Conus in einer «bilinguen» Familie. Heute sprechen die drei Brüder untereinander deutsch, mit den Eltern wird im Hause Conus aber noch immer überwiegend französisch gesprochen.
Startelfeinsatz beim FCA-Debüt
Die Entwicklung von Bastien Conus war auch in Aarau nicht unerkannt geblieben, und so kam der Wechsel aufs Brügglifeld im zweiten Anlauf zustande, als er am letzten Tag des Winter-Transferfensters im Februar 2021 für zweieinhalb Jahre beim FC Aarau unterschrieb. Die Tage rund um den Transfer verliefen turbulent. Am Samstag spielte Conus noch mit Chiasso, am Sonntag konkretisierte sich der Wechsel, sodass die Familie mit dem Auto ins Tessin fuhr, um mitzuhelfen, das Zimmer zu räumen. Am Montag unterschrieb Conus in Aarau und stand am Dienstagabend im Spiel gegen GC bereits in der Aarauer Startelf. «Für mich war dies perfekt so – keine Zeit für unnötige Gedanken und Sorgen», blickt er zurück.
Vor einiger Zeit hat Conus mit einem Studium in Betriebsökonomie und Sportsmanagement an der Fernfachhochschule begonnen – ein willkommener Ausgleich zum Fussballeralltag. Dass er über eine sehr gute Auffassungsgabe verfügt, stellte er auch beim FC Aarau schon unter Beweis. Aufmerksame Trainingsbesucher dürften entdeckt haben, dass sein Trainingsshirt mit einem Sonderaufdruck ergänzt wurde. Bei einer fussball-taktischen Antizipationsfrage, gestellt von Cheftrainer Stephan Keller, wusste Conus die richtige Antwort und wurde dafür mit dem Aufdruck des «schlauen Fuchses» belohnt.
In zwei Wochen kommt es nun für Conus beim Cup-Heimspiel zum Wiedersehen mit dem FC Basel. «Ich freue mich riesig auf diesen Vergleich und hoffe, dass wir sowohl in diesem Spiel erfolgreich sein werden als auch die anderen Ziele dieser Saison zusammen erreichen können», so Conus, der bislang 51 Pflichtspiele im Trikot des FC Aarau absolvierte und die Fans mit seinem leidenschaftlichen Spielstil und dem grossen Kämpferherz begeistert.
Matchzeitung Nr. 4 (2022/23) lesen
Dieser Artikel ist am 3. September 2022 in der Ausgabe Nr. 4 (Saison 2022/23) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Wil 1900 erschienen.