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Unser Jungstürmer spricht über sein entscheidendes Tor im Aargauer Cupfinal, die Beziehung zu seinem Vater und über ein Abenteuer in der Türkei.

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Waldshut – Aarau. Eine Strecke von rund 45 Kilometern, mit einer Fahrtzeit von einer knappen Stunde und dem Grenzübertritt am Zoll in Koblenz. Viele Schweizer Fahrzeuge stauen sich an den Wochenenden, um die beliebte Shoppingoase auf der anderen Seite des Rheins zu besuchen. Was für viele Schweizer eine Autofahrt zur günstigen Einkaufsmöglichkeit darstellt ist auch der tägliche Arbeitsweg für unseren Kaderspieler Varol Tasar. Der 20-jährige Offensivspieler ist gebürtiger Türke, wohnt aber seit seiner Geburt in Waldshut und ist seit einigen Wochen auch im Besitz des deutschen Passes.

«Ich bespreche alles mit meinem Vater.»

Varol Tasar, über seinen Vater

Hingegen fehlt ihm noch ein Führerschein, sodass er sich angesichts von umständlichen Optionen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln über einen privaten «Taxidienst» freuen darf – sein Vater fährt ihn jeden Tag ins Training, wartet und nimmt ihn wieder mit nach Hause. Die Wartezeit überbrückt er meist, indem er sich das Training von seinem Sohn mitansieht. Alternativ besucht er Kollegen in der Nähe. Tasar schätzt diese Zeit während den Autofahrten mit dem Vater sehr, um die enge Beziehung zu pflegen. «Ich bespreche alles mit meinem Vater», so Tasar, dessen Vater auch bei allen Spielen im Stadion anwesend ist. Der Vater war es denn auch, der ihm beschied: «Egal, was du machen möchtest, wir stehen hinter dir!» Damals war Varol Tasar eben erst volljährig geworden und hatte die obligatorische Schulzeit in Deutschland beendet. So entschloss er sich, voll auf die Karte Fussball zu setzen.

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Angefangen hatte er seine sportliche Laufbahn im Nachwuchs des VfB Waldshut, später schaffte er den Sprung vom badischen Club SV Laufenburg 08 über die Grenze zu den Junioren des FC Basel. Nach einem kurzen Intermezzo fand er Aufnahme in der 1. Mannschaft des BSC Old Boys in der Promotion League. In dieser Zeit merkte Tasar erstmals, dass es reichen könnte, den Traum vom Leben als Fussballprofi zu realisieren. Nach einem Spiel mit den Old Boys in Tuggen kam ein Berater auf Tasar zu und bot ihm einen Wechsel in die Türkei an. Beim Verein Aydinspor 1923, damals noch in der dritthöchsten Spielklasse aktiv, hatte er die Möglichkeit, einen Zweijahresvertrag zu unterschreiben. Nach Rücksprache mit seinen Eltern und den Verantwortlichen des BSC Old Boys flog Tasar nach Aydin – rund 200 Kilometer von der Grossstadt Izmir entfernt – und machte sich vor Ort ein Bild seines potenziellen Arbeitgebers. Am Ende entschloss er sich, die grosse Chance anzunehmen, sich im Profifussball präsentieren zu können.

Ein viermonatiges Abenteuer

Zusammen mit seinem damaligen Mitspieler Hasan Ates zog er in die Türkei. Zuerst noch von seinem Vater unterstützt, wohnte er alleine in der Stadt mit knapp 200 000 Einwohnern im Südwesten der Türkei. Nach einigen Einsätzen in Freundschaftsspielen folgte die Enttäuschung: In der Meisterschaft stand Tasar kaum im Aufgebot und kam nie zu einem Pflichtspieleinsatz. «Ich war noch sehr jung und wollte unbedingt Spielpraxis sammeln», erklärt er die vorzeitige Vertragsauflösung nach nur vier Monaten Abenteuer in der türkischen Heimat. Also kam Tasar zurück zur Familie – neben seinen Eltern wuchs er mit zwei älteren Schwestern und einem älteren Bruder auf – nach Waldshut und fand mit dem FC Klingnau (2. Liga) auf der anderen Seite der Grenze sofort einen neuen Verein.

«Dort habe ich erstmals vor so vielen Leuten gespielt – ein tolles Gefühl!»

Varol Tasar, über den Aargauer Cupfinal

Dort hatte er im Frühjahr 2016 auch massgeblichen Anteil am grössten Erfolg der Clubgeschichte. Zum ersten Mal standen die Klingnauer im Aargauer Cupfinal und konnten sich im Endspiel vor 3000 Zuschauern in Lenzburg dank eines Treffers in der Nachspielzeit mit 2:1 durchsetzen. Torschütze: Varol Tasar. An diesem Tag erlebte er eine Achterbahn der Gefühle. «Ich war sicher gewesen, dass ich spielen würde und  war umso enttäuschter, dass ich schliesslich doch nicht in der Startelf stand», erinnert sich Tasar. Beim Stand von 0:1 aus Klingnauer Sicht wurde er in der zweiten Halbzeit eingewechselt und mutierte mit einem Assist sowie mit seinem umjubelten Siegestreffer in der 93. Spielminute zum Matchwinner. Auch die Kulisse ist Tasar in Erinnerung geblieben: «Dort habe ich erstmals vor so vielen Leuten gespielt – ein tolles Gefühl!»

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Varol Tasar (links) mit Damir Mehidic

Um zusätzliche Trainingseinheiten absolvieren zu können, trainierte Tasar bei seinem früheren Ausbildungsverein SV Laufenburg zweimal wöchentlich mit Trainer Erkan Aktas. Dieser war zugleich beim Team Aargau angestellt und empfahl seinen talentierten Schützling für die U-21-Equipe. Der Stürmer wusste im Probetraining zu überzeugen und mauserte sich rasch zum Leistungsträger – mit 22 Toren in 21 Ligaspielen avancierte er zum zweitbesten Skorer in der gesamten 2. Liga interregional. Diese Leistungen waren auch Marco Schällibaum, dem damaligen Cheftrainer der 1. Mann­schaft, nicht verborgen geblieben, und so kam Tasar bereits in der vergangenen Saison zu vier Teileinsätzen im Aarauer Fanionteam.

Unbeschreibliche Unterstützung

An sein Debüt im Spiel gegen Servette erinnert er sich noch gut. Nervös sei er gewesen, aber auf dem Platz blende man alles aus. Beeindruckt haben ihn auch die Fans. «Zuvor hatte ich noch nie vor so vielen Menschen gespielt, denn bei meinen bisherigen Vereinen waren jeweils einfach ein paar hundert Zuschauer vor Ort. Aber wenn du vor mehreren tausend Anhängern auf den Platz kommst und diese bei jeder Aktion mitmachen ist das unbeschreiblich.» Auf die aktuelle Saison hin unterschrieb Tasar einen Einjahresvertrag beim FCA und kam bisher zu drei weiteren Einsätzen in der zweithöchsten Spielklasse.

«Je weiter vorne, desto besser.»

Varol Tasar, über seine Lieblingsposition

«Alles ist bei den Profis viel schneller, und mit meinen Tricks habe ich bei den erfahrenen Challenge-League-Verteidigern viel mehr Mühe, als ich es noch bei der U-21 hatte», lacht Tasar. Eingesetzt wurde Tasar in den letzten Jahren entweder als Mittelstürmer oder als rechter Flügelspieler. «Je weiter vorne, desto besser», sagt er, angesprochen auf seine Lieblingsposition. Dabei war Tasar eher zufällig in seine aktuelle Rolle geschlüpft, denn bei den Old Boys lieft er noch als Sechser auf. Die Stürmer erzielten kaum Tore und die Mannschaft lag gegen Zofingen mit 1:4 hinten, als Tasar einen Hattrick erzielte und das Spiel somit 4:4 ausging. Ab diesem Zeitpunkt durfte er jeweils als Angreifer spielen und entwickelte sich auf dieser Position weiter.

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Auf die Zukunft angesprochen, möchte Tasar nicht allzu weit blicken, denn er weiss aus eigener Erfahrung, dass es im Fussball sehr schnell aufwärts, aber auch schnell abwärts gehen kann. Anfang Saison musste sich Tasar aufgrund anhaltender Rückenschmerzen in ärztliche Behandlung begeben und bekam eine Diagnose in Form einer rheumatischen Erkrankung. Allerdings kann er mittlerweile wieder nahezu schmerzfrei spielen und ist bereit für weitere Einsätze. Für die laufende Saison freut sich Tasar auf möglichst viele Spiele mit der 1. Mannschaft und darauf, seinen ersten Treffer im FCA-Trikot zu bejubeln.

Matchzeitung Nr. 5 (2017/18) lesen

Dieser Artikel ist am 23. September 2017 in der Ausgabe Nr. 5 (Saison 2017/18) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Rapperswil-Jona erschienen.

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