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Unser neuer Cheftrainer Alex Frei spricht im Interview über seine Spielphilosophie, die Saisonziele des Clubs und die Bedeutung des Publikums im Brügglifeld.

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Erst der umjubelte Aufstieg mit dem FC Winterthur – acht Monate später die Freistellung als Cheftrainer beim FC Basel. Wie hast du die fussballfreie Zeit seit Anfang Februar nach dieser Achterbahn der Gefühle genutzt?

Marcel Petermann

Ich bin es mich gewohnt, auch mit Rückschlägen leben zu können, für mich überwiegt jedoch das Positive dieser beiden Engagements. Die Freistellung in Basel hat mein Umfeld härter getroffen als mich selber, gerade auch weil es der Heimatverein ist. Ich habe die letzten Monate reflektiert, Spielstile studiert, wollte aber auch nicht nur immer an Fussball denken und habe mich im Immobiliensektor weitergebildet. Schliesslich bin ich auch meinen Pflichten als Hausmann nachgekommen, bin einkaufen gegangen, habe für die Familie gekocht, was ich sehr gerne mache, oder habe die Kinder ins Training gebracht.

Alex Frei, Cheftrainer

Nun bist du nach dieser kurzen Pause zurück im Fussballgeschäft. Wie haben der FC Aarau und du zueinander gefunden?

Marcel Petermann

Ich kannte Sandro Burki zuvor zwar noch nicht gut auf der persönlichen Ebene, aber ich schätzte ihn als Sportchef und fand es interessant, wie er sein Team jeweils zusammenstellte. Schliesslich folgte die Kontaktaufnahme, als sich der Wechsel auf der Trainerposition abzeichnete. Ich bin keiner, der pokert, daher konnten wir uns rasch einigen, mit beidseitiger Überzeugung. Den FC Aarau fand ich schon immer einen coolen Club, der sich aber eher etwas unterschätzt. Es ist ein Verein, mit dem du auch als Trainer mitwachsen kannst.

Alex Frei, Cheftrainer
«Es geht darum, Haltung, Werte und Regeln zu vertreten. Ich denke, Glaubwürdigkeit ist der Schlüssel, um deine Message zu vermitteln.»

Alex Frei, über seine Philosophie

Wie sehr geprägt ist deine Spielphilosophie von deiner sehr erfolgreichen Karriere als Topskorer?

Marcel Petermann

Mein Bestreben ist es, eine eigene Spielidee zu entwickeln. Aber klar lasse ich von den Trainern, die ich als Spieler erlebt habe, etwas einfliessen. Ein Lucien Favre (Freis Trainer bei Servette, Anm. Red.) lässt ganz anders spielen als ein Jürgen Klopp (Freis Trainer bei Dortmund). Da gilt es, die Vorzüge dieser Spielstile miteinander zu verbinden. Zwei Coaches, deren Arbeit ich auch sehr schätze, sind Roberto De Zerbi vom Premier-League-Club Brighton sowie Luciano Spalletti für seinen attraktiven Fussball, den er bei Napoli spielen liess.

Alex Frei, Cheftrainer

Wie würdest du deinen Führungsstil bezeichnen?

Marcel Petermann

Neben dem Platz bin ich Kumpel und Helfer, auf dem Platz bin ich sehr fordernd. Dabei gibt es für mich kein Jung oder Alt. Alle verdienen es, gleich behandelt zu werden, wobei ich die Ansprache bei den routinierteren Spielern schon etwas anders wähle. Autorität hat für mich nicht mit Herumschreien zu tun. Es geht darum, Haltung, Werte und Regeln zu vertreten. Ich denke, Glaubwürdigkeit ist der Schlüssel, um deine Message zu vermitteln.

Alex Frei, Cheftrainer

Der FC Aarau hat von den letzten 25 Heimspielen nur deren zehn gewonnen. Wie werden wir wieder zu einer Heimmacht im Brügglifeld?

Marcel Petermann

Das Publikum ist vor allem zu Hause ein wichtiger Faktor. Je mehr uns die Fans unterstützen, desto mehr beflügelt dies die Mannschaft. Klar ist aber auch: Wir sind dafür verantwortlich, dass dieser Funke rüberspringt.

Alex Frei, Cheftrainer
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Und wie springt dieser Funke rüber?

Marcel Petermann

Die Fans müssen sehen, dass wir einen ehrlichen Fussball spielen, in dem Sinne, dass die Jungs in jedem Spiel alles raushauen. Dann schauen wir, wohin das führt. Aber es verträgt keine Spieler, die sich etwas herausnehmen, die sich besser sehen als andere. Ich glaube nicht, dass der FC Aarau zurzeit die finanziellen Möglichkeiten besitzt, um Einzelspieler zu engagieren, die das Team besser machen. Die Mannschaft macht den Einzelnen besser. Wir müssen dafür sorgen, dass wir als Gruppe funktionieren, dass es mit den Fans funktioniert. Wir müssen an uns glauben, nicht zweifeln. Fussball ist zu einem grossen Teil Psychologie.

Alex Frei, Cheftrainer

In den vergangenen beiden Jahren formulierte man beim FCA unmissverständlich die Zielsetzung, sprach vom Aufstieg. Das steigerte die Erwartungshaltung, sorgte aber auch für Druck von den Zuschauerrängen.

Marcel Petermann

Es ist ein bisschen eine Gratwanderung. Die Clubs, die ihre Ambitionen nicht unbedingt nach aussen vertreten, spüren das womöglich beim Verkauf der Saisonkarten. Weniger verkaufte Saisonkarten haben Auswirkungen auf das Budget. Hier die gesunde Mischung zu finden ist relativ schwierig. Man muss aber bedenken: Hohe Erwartungen erzeugen künstlichen Druck. Andererseits ist dies auch ein Test. Wie gut können die Jungs dem Druck standhalten? Und der Druck wird irgendwann kommen. Dann muss man in der Lage sein, diesem zu trotzen. In den vergangenen beiden Saisons hatte der FC Aarau Mannschaften, die durchaus die Möglichkeiten besassen, um aufzusteigen. Aber der Aufstieg von der Challenge League in die Super League ist etwas vom Schwierigsten. Denn die Liga ist sehr, sehr ausgeglichen.

Alex Frei, Cheftrainer
«Wir wollen vorne mitspielen. Irgendwann in der Saison kommt der Moment, da man das vorne mitspielen korrigieren muss: entweder nach oben oder nach unten.»

Alex Frei, über die Saisonziele

Gilt das auch für die neue Saison?

Marcel Petermann

Ja. Ich glaube, in dieser Spielzeit wird es noch schwieriger, um aufzusteigen. Der Grund ist der FC Sion. Als Absteiger haben die Sittener wenige wichtige Spieler verloren. Und diese Abgänge beflügeln den Verein eher, als dass sie ihm schaden.

Alex Frei, Cheftrainer

Was heisst das für den FCA?

Marcel Petermann

Selbstverständlich sind wir ambitioniert. Wir wollen vorne mitspielen. Irgendwann in der Saison kommt der Moment, da man das vorne mitspielen korrigieren muss: entweder nach oben oder nach unten.

Alex Frei, Cheftrainer

Der Trainerstaff wurde mit Romain Villiger ergänzt, mit dem du bereits beim FCB-Nachwuchs und in Wil zusammengearbeitet hast. Was zeichnet ihn aus?

Marcel Petermann

Romain ist arbeitseifrig und unglaublich loyal. Er ist die ideale Ergänzung, um meine Defizite aufzuheben. Er denkt mit, er ist überlegt und weniger emotional als ich, was gar nicht schädlich ist.

Alex Frei, Cheftrainer

Wie habt ihr euch kennengelernt?

Marcel Petermann

Romain wollte damals beim FC Basel aufhören. Ich fand das unglaublich schade, jemanden mit so grossem Fachwissen im Jugendbereich ziehen zu lassen. So fragte ich ihn, ob er Interesse habe, mit mir zusammenzuarbeiten. Wir fanden eine Lösung, mit der damals alle zufrieden waren. Romain arbeitete zu 50 Prozent als Videoanalyst und zu 50 Prozent bei mir als Assistent der U18.

Alex Frei, Cheftrainer
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Wie erlebst du die Arbeitsbedingungen im altehrwürdigen Brügglifeld?

Marcel Petermann

Sehr gut, das Stadion strahlt Charme aus und erfüllt den Zweck. Natürlich kann man sich immer noch bessere und modernere Bedingungen wünschen. Aber wir haben alles, um gut arbeiten zu können.

Alex Frei, Cheftrainer

Wie gut kennst du dich schon in Aarau aus?

Marcel Petermann

Von der Stadt habe ich noch nicht viel kennengelernt, dazu fehlte mir bisher die Zeit. Ich fahre jeweils nach den Trainings und Spielen zu meiner Familie nach Biel-Benken. Das geht problemlos. Ich habe 37 Minuten mit dem Zug von Aarau nach Basel. Und dann fahre ich noch 20 Minuten mit dem E-Bike zu meinem Wohnort.

Alex Frei, Cheftrainer

Was muss erfüllt sein, dass du in einem Jahr von einer geglückten Saison sprechen kannst?

Marcel Petermann

Die Saison ist ein Erfolg, wenn wir den Zuschauerschnitt steigern konnten, wenn wir das Team und jeden einzelnen Spieler entwickeln konnten, so dass einige vielleicht den nächsten Schritt machen können. Und vielleicht können wir auch als Verein noch ein wenig wachsen. In dieser Reihenfolge.

Alex Frei, Cheftrainer

Das Wichtigste ist demnach die Zuschauerzahl?

Marcel Petermann

Je mehr Zuschauer ins Stadion kommen, desto erfolgreicher ist die Mannschaft. Dieses Gesetz gilt auch in Aarau.

Alex Frei, Cheftrainer

Matchzeitung Nr. 1 (2023/24) lesen

Dieser Artikel ist am 21. Juli 2023 in der Ausgabe Nr. 1 (Saison 2023/24) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Baden erschienen.

Download: Matchzeitung Nr. 1 (2023/24)

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