Acht Jahre war ich alt, als Ernst Lämmli das Präsidium des FC Aarau von seinem Vorgänger Peter Treyer übernommen hatte. Meine aktiven Erinnerungen an Spiele und Erlebnisse rund um den FCA gehen in diese ersten Präsidialjahre von Ernst zurück. Für mein kindliches Ich war der beeindruckende und ausdruckstarke Mann mit dem Stumpen schon immer Präsident gewesen und würde es wohl auch immer sein. Er war schlichtweg die Verkörperung des FC Aarau, des Stadions Brügglifeld, der Aarauer Mentalität und Bodenständigkeit, wie sie viele FCA-Fans bis heute schätzen und lieben. Eine Vaterfigur für die Spieler und Angestellten, der mit seinen überragenden menschlichen Fähigkeiten den FC Aarau zu einer Familie zusammenwachsen liess, welche die Grossen des Schweizer Fussballs zeitweise das Fürchten lehrte.
Ernst Lämmli mit dem Aarauer Meistertrainer Rolf Fringer
Auch nach dem sensationellen Meistertitel in der Saison 1992/93 hob man unter seiner Führung nicht ab, sondern blieb realistisch und am Boden. Gesunde Finanzen waren für Ernst nicht verhandelbar, auch wenn man ihn andernorts als Sparpapst des Schweizer Fussballs hänselte. Der langfristige Fortbestand des FC Aarau war wichtiger und wurde nicht für kurzfristige Erfolge und Eskapaden geopfert. Die zahlreichen Konkurse weniger weitsichtiger Ligakonkurrenten rund um die Jahrtausendwende gaben ihm schlussendlich recht. Ernst war trotz aller Bodenständigkeit aber auch Visionär, sein nicht realisiertes Stadionprojekt in Schafisheim wäre eines der ersten modernen Stadien im Schweizer Fussball gewesen. Leider gelingt auch herausragenden Personen nicht immer alles, was sie sich wünschen. Noch heute spielen wir im Stadion Brügglifeld.
Ernst Lämmli mit dem Meisterpokal (1993)
Beim FC Aarau haben wir uns gegenseitig die Klinke in die Hand gegeben. Natürlich nicht als Präsident, ich war damals einfacher Funktionär, als Ernst dem ehrenvollen Ruf des Schweizerischen Fussballverbandes folgte und den FC Aarau verliess. Wenige Monate zuvor hatte ich mich als übermütiger Jüngling spontan dazu erdreistet, an der Generalversammlung des FC Aarau Kritik anzubringen, wieso der FC Aarau als einziger Fussballverein in der obersten Liga noch keine eigene Website besässe. Ernst sah mich an und konterte mit ruhiger, väterlicher Stimme: «Gute Frage! Würden Sie sich denn darum kümmern?» Ein paar Tage später war ich tatsächlich der erste Webmaster des FC Aarau. Hätte Ernst damals anders reagiert, wäre ich heute wohl kaum einer seiner Nachfolger als Präsident unseres gemeinsamen Herzensvereins.
Ernst Lämmli beim Grill-Plausch mit Ex-Trainer Martin Trümpler
Es erfüllt mich mit grosser Freude und Stolz, dass ich rund zwei Jahrzehnte später das Erbe einer so beeindruckenden Persönlichkeit weitergestalten darf. Es steckt heute noch viel Prägendes aus der Zeit von Ernst Lämmli im FC Aarau und unserem klubinternen Verständnis, wie wir als FCA gerne sein und wahrgenommen werden wollen. Selbst wenn uns Ernst am 5. Februar 2022 im Alter von 82 Jahren nun leider für immer verlassen hat, bleibt er uns deshalb längst nicht nur in unseren Gedanken und Erinnerungen erhalten.
Ruhe in Frieden, lieber Ernst, und herzlichen Dank für alles!
