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Der 25-jährige Aussenverteidiger spricht er über seine wegweisenden Qualitäten als Stürmer, über Raimondo Ponte als sein «persönlicher Karriereplaner» und ein grosses Volksfest in seiner kosovarischen Heimat.

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Geduld. Ausdauer im ruhigen, beherrschten und nachsichtigen Ertragen oder Abwarten von etwas. Geduld. Ein Begriff, der die Karriere von Denis Markaj massgeblich prägte. Nicht nur aufgrund seiner Odyssee vor der Premiere in Aarau, sondern auch aufgrund einer Profi-Laufbahn, deren Startschuss erst im Alter von zwanzig Jahren fiel.

Zur Welt gekommen in Gjakova, einer mittelgrossen Stadt im Südwesten der heutigen Republik Kosovo, wuchs Markaj mit seinen Eltern und seinem Bruder seit dem zweiten Lebensjahr in Baden auf. Im Quartier Kappelerhof kam er frühzeitig mit dem Fussball in Berührung – nicht nur Vater und Bruder traten gegen das runde Leder, auch mit den gleichaltrigen Nachbarskindern wurde fast täglich gespielt. Und so fand Markaj im Alter von sechs Jahren zum FC Baden, wo er sämtliche Nachwuchsstufen durchlief.

«Mein Vater hat mir immer gesagt, dass es mehrere Wege zum Ziel gibt.»

Denis Markaj, erinnert sich

Dabei wäre es fast anders gekommen: «Als Achtjähriger wollte ich nach Aarau wechseln, aber meine Mutter machte sich Sorgen, weil ich immer mit dem Zug hätte fahren sollen», erinnert sich Markaj. So blieb er bei seinem Stammverein und schaffte schliesslich den Sprung in die «Ost-Auswahl» (Region Baden) vom Team Aargau U-16, wurde aber in der Folge nicht für die eingleisige U-18-Equipe selektioniert. «Natürlich war ich enttäuscht», so Markaj, «aber mein Vater hat mir immer gesagt, dass es mehrere Wege zum Ziel gibt und es sich lohnt, nach Rückschlägen wieder aufzustehen und weiterzukämpfen.»

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Denis Markaj in luftiger Höhe beim Trainingslager im Allgäu

Fortan spielte er bei den B-Junioren, wo er sich mit starken Leistungen als Stürmer für die 1. Mannschaft empfahl. Dort debütierte er als 17-jähriges Nachwuchstalent beim Auswärtsspiel in Mendrisio. Da war sie erstmals, diese spezielle Verbindung zum Tessin, die den weiteren Karriereweg von Denis Markaj stark prägen sollte. Es sei eine tolle Erfahrung gewesen. Noch im gleichen Monat be­jubelte er seinen ersten Treffer in der 1. Liga, doch es sollte bei unregelmässigen Einsatzzeiten in der Offensive bleiben.

Erst als ihn Baden-Trainer Mirko Pavlicevic, aktueller Coach beim Team Aargau U-21, aufgrund personeller Engpässe auf seine angestammte Position als Aussenverteidiger beorderte, vermochte er sich in der Stammformation zu etablieren. Dabei erinnerte er mit seiner Spielweise an sein Langzeit-Vorbild Philipp Lahm, «einen bodenständigen, ruhigen Arbeiter», wie Markaj selbst sagt. Bei den Ostaargauern bestritt er mehr als 100 Pflichtspiele und absolvierte zugleich eine Berufslehre als Elektriker – ohne seinen Traum vom Profi-Fussballer aus den Augen zu verlieren.

Pontes Besuch auf dem Badener Esp

Anfang 2012 klappte es schliesslich mit dem Sprung in die Challenge League – dank Raimondo Ponte, damaliger Trainer in Chiasso. Er besuchte ein Badener Heimspiel und war von den Qualitäten Markajs so angetan, dass er ihm ein halbjähriges Engagement auf Leihbasis anbot. Im Südtessin lebte sich Markaj trotz neuer Sprache und anderer Mentalität schnell ein, was «mir durch die familiäre Stimmung einfach gemacht wurde.» Auch auf dem Rasen lief es Markaj in der stärkeren Spielklasse. Er avancierte sogleich zum Stammspieler.

Dennoch zog er nach einer halben Saison weiter zum ambitionierten Kantonsrivalen aus Bellinzona, wohin auch Ponte gewechselt war. Kein Wunder, dass der heutige FCA-Sportchef in der Karriere von Denis Markaj weitaus mehr als nur eine Randerscheinung ist. «Natürlich habe ich ihm viel zu verdanken. Er hat mir das nötige Vertrauen geschenkt, um mich in der Challenge League etablieren», so Markaj.

«Er hat den Fussball anders gesehen.»

Denis Markaj, über seine Degradierung unter Francesco Gabriele

Als Ponte nach nur sechs Spieltagen in Bellinzona entlassen wurde, war auch Markaj nicht mehr gefragt – erst recht nicht, als der heutige Wohlen-Trainer Francesco Gabriele als neuer Übungsleiter vorgestellt wurde. «Er hat den Fussball einfach anders gesehen», resümiert Markaj. Rasch habe er gemerkt, dass es schwierig werden würde. Kurios: Zu Jahresbeginn war Gabriele noch als Baden-Trainer vorgestellt worden – nur wenige Tage nach dem Abgang Markajs zu Chiasso. Zu Recht stellt sich die Frage: Wie wäre seine Karriere wohl verlaufen, wenn Raimondo Ponte an einem bestimmten Herbsttag nicht auf der kleinen Tribüne im Badener Esp gesessen wäre?

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Denis Markaj mit Cheftrainer Marco Schällibaum

In Bellinzona tauchte Markaj unter Cheftrainer Gabriele nicht mehr auf dem Matchblatt auf; stattdessen ergab sich in der Winterpause ein leihweiser Transfer nach Lugano – zu Ponte. Dennoch wurde Markaj, dessen Lohn weiterhin von Bellinzona bezahlt werden sollte, noch länger an sein leidiges Gastspiel bei der «Granata» erinnert. Die Nordtessiner duellierten sich in der besagten Saison 2012/13 mit dem FC Aarau um den Aufstieg in die Super League, machten aber auch immer mehr mit finanziellen Schwierigkeiten von sich reden. «Als Spieler wussten wir nicht, wann wir unseren Lohn bekommen würden. Immer wieder wurden wir vertröstet», erinnert sich Markaj. Keine einfache Situation sei es gewesen, immer weniger Geld auf dem Bankkonto zu haben, doch dank moralischer Unterstützung seiner Familie konnte er sich aufs Fussballspielen konzentrieren.

Ein verhängnisvoller Transfer

Im Cornaredo etablierte sich Markaj endgültig in der Challenge League und blieb auch Stammspieler, als sein Förderer Ponte auf der Trainerbank durch Livio Bordoli ersetzt wurde. Im Februar 2015 glaubte Markaj schliesslich an seinem Ziel angekommen zu sein. Er setzte seine Unterschrift unter einen Zweijahresvertrag beim FC Aarau und wurde somit auf dem Papier zum Super-League-Spieler.

Nur wenige Monate später stieg Markaj mit dem FC Lugano in die höchste Spielklasse auf – und mit Aarau, seinem neuen Arbeitgeber, am gleichen Tag wieder ab. Aus der Traum. «Da musste ich mir natürlich einige Sprüche anhören», so Markaj. Dass er inzwischen über diese Episode lachen kann, war der guten Zusammenarbeit beider Vereine geschuldet. So wurde Markaj von Aarau an Lugano ausgeliehen. Er sei den Clubs sehr dankbar, dass er Erfahrungen in der Super League sammeln durfte – auch wenn es schliesslich nur elf Einsätze wurden.

«Das war ein Schlag ins Gesicht.»

Denis Markaj, über sein Ende in Lugano

Aus dem Nichts wurde Markaj nach einem ordentlichen Saisonstart auf die Ersatzbank gesetzt und fortan nur noch selten eingesetzt. Es habe ihn nachdenklich gemacht, weil er nie einen Grund für seine Degradierung erfahren habe. So plagte er sich mit der Frage herum: Was habe ich falsch gemacht? Aber es sollte noch schlimmer kommen. Am ersten Tag nach der Winterpause wurde Markaj – zusammen mit Patrick Rossini und Francesco Russo – vom Trainingsbetrieb suspendiert.

«Das war ein Schlag ins Gesicht», sagt Markaj, dessen vorzeitige Rückkehr aufs Brügglifeld sich aufgrund des damaligen Überangebots an Aussenverteidigern zerschlug. Um endlich wieder Spielpraxis zu erhalten, wechselte er für die zweite Hälfte der letzten Saison schliesslich zum FC Le Mont-sur-Lausanne. Dort zog er sich eine Meniskusverletzung zu, gefolgt von einem operativen Eingriff.

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Markaj debütierte ausgerechnet beim Ex-Verein Chiasso

Dadurch musste er auch für die Saisonvorbereitung in Aarau passen. «Das war eine neue Situation für mich. Zuvor war ich von gröberen Verletzungen stets verschont geblieben», so Markaj. Also kämpfte er sich zurück auf den Platz – abrupt gestoppt von einer Blessur an der Schulter, zugezogen im Abschlusstraining. Erneut musste er während mehreren Wochen pausieren. Umso grösser sei seine Erleichterung gewesen, als es endlich mit der Premiere im FCA-Trikot klappte.

Am 22. Oktober 2016 – rund zwanzig Monate nach der Vertragsunterzeichnung – stand er in der Startformation beim Auswärtsspiel in Chiasso (1:3). «Es war speziell, bei meinem Debüt mit dem FC Aarau ins Stadion zurückzukehren, wo meine Reise durch die Challenge League einst begonnen hatte», schaut Markaj trotz Niederlage mit positiven Gefühlen auf seinen allerersten Einsatz zurück.

«Wir müssen das Maximum rausholen.»

Denis Markaj, über die Saisonziele

Zurück in der Gegenwart – inzwischen ist Markaj als linker Aussenverteidiger etabliert – bewegt sich der FCA im Niemandsland der Tabelle. Deshalb sei es umso wichtiger, mit positiven Resultaten in die Winterpause zu gehen. «Anschliessend wollen wir nochmals angreifen. Wir müssen das Maximum rausholen. Das sind wir Fans und Verein schuldig», weiss Markaj. Der 25-Jährige will nach seiner Verletzungsmisere nun wieder Fuss fassen und sich mittelfristig auch wieder für die kosovarische Nationalmannschaft empfehlen.

Im Herbst 2015 war Markaj bei inoffiziellen Länderspielen gegen Äquatiorialguinea und Albanien für sein Geburtsland aufgelaufen; vor allem das Duell zur Feier der erstmaligen EM-Qualifikation Albaniens war ein einziges Volksfest. Rund 20 000 Zuschauer sorgten für eine unvergessliche Atmosphäre in Pristina. «Es fühlte sich nach viel mehr Leuten an. Alle Tore wurden frenetisch bejubelt», so Markaj. Inzwischen ist der Kosovo offiziell als UEFA-/FIFA-Mitglied aufgenommen und nur Verletzungspech verhinderte eine erneute Nomination. Alles eine Frage der Geduld. Diese wird Denis Markaj sicherlich auch in der weiteren Karriere helfen, um seine gesteckten Ziele Schritt für Schritt zu erreichen.

Matchzeitung Nr. 10 (2016/17) lesen

Dieser Artikel ist am 4. Dezember 2016 in der Ausgabe Nr. 10 (Saison 2016/17) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Wohlen erschienen.

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