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Nach einem halbjährigen Engagement in Wil kehrte Igor Nganga zum FC Aarau zurück und spricht nun über seine Zeit in der Ostschweiz, Angebote von grossen Vereinen und seine Zukunftspläne.

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Frühling vor einem Jahr. Obwohl sich Igor Nganga in Aarau wohlfühlt, entschliesst er sich zu einem Wechsel nach Wil. Die Entscheidung fällt ihm schwer. Die Ziele des Ostschweizer Vereins sind hoch gesteckt, und auch der Lohn stimmt, dank einem reichen türkischen Investor. Es soll nochmals ein Schritt nach vorne sein in der Karriere des Igor Nganga. Er ist traurig, den FC Aarau zu verlassen. Der Verein und die Fans sind ihm ans Herz gewachsen. Doch die Herausforderung reizt ihn. Nganga ist zufrieden mit dem Entscheid.

Der Kongolese zieht mit seiner Ehefrau Sofia und seinen drei Töchtern nach Wil. Vieles ist anders. Vieles ist professioneller. Am Morgen und am Mittag essen die Spieler zusammen mit dem Staff in der vereinseigenen Kantine. Das Organisatorische wird ihnen abgenommen. Es bleibt viel Zeit für Massage, Stretching und Erholung. Die Spieler können sich ganz auf das Fussballspielen konzentrieren. Auch in der Mannschaft gefällt es dem sensiblen Nganga. Die Stimmung ist gut. Mit dem Trainer Martin Rueda versteht er sich. Die Mitspieler Steven Deana und Marvin Spielmann kennt er noch aus der Zeit beim FC Aarau, und auch sonst hat es der Kongolese gut mit seinen Teamkollegen. Besonders mit Johan Vonlanthen entwickelt sich eine Freundschaft. Alles ist gut.

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Aber es wurde anders. In der Vorrunde lief es beim FC Wil nicht so, wie es die Chefs aus der Türkei erwartet hatten. Kaum waren die Spieler in den Ferien, kam eine SMS vom Verein. Die Nachricht: Martin Rueda ist nicht mehr Trainer beim FC Wil. Es sollte nicht die einzige Nachricht bleiben, die in der Winterpause für schlechte Stimmung sorgt. Der Verein teilt intern mit, dass zehn Spieler die Mannschaft verlassen müssen. Einen Grund für diese Massnahme erfahren die Spieler nicht. Ist das Geld knapp, und der Verein muss plötzlich sparen? Oder müssen Spieler aus rein sportlichen Gründen gehen? Die Mannschaft erfährt nichts Weiteres. Zudem gibt es immer wieder Gerüchte um den Investor aus der Türkei. Zieht er sich zurück? Unter den Spielern verbreitet sich Unsicherheit.

Igor Nganga wurde am letzten Sonntag bei der 1:3-Niederlage beim Neuchâtel Xamax FCS für ein Notbremsefoul in der 92. Minute vom Platz gestellt. Die Swiss Football League hat den Verteidiger für zwei Spiele gesperrt.

Das Wiler Training wird nach den Winterferien vom bisherigen Torhütertrainer Ronny Teuber geleitet. Von der guten Stimmung im Herbst ist beim FC Wil nichts mehr zu spüren. Igor Nganga schlägt das aufs Gemüt. Er ist nicht mehr aufgelegt für Spässe. Er hat keine Lust mehr, ins Training zu gehen. Der Frohnatur fehlt die Freude. Er lacht nicht mehr. Für den Kongolesen ist das ein klares Alarmzeichen. Er will weg.

Der Kontakt mit FCA-Sportchef Raimondo Ponte blieb nach dem Wechsel zu Wil immer bestehen. Nganga weiss, dass der FC Aarau ihn gerne zurückholen würde. Allerdings zeigen noch andere Vereine Interesse am kampfstarken Verteidiger. Ligakonkurrent Servette kommt für Nganga nicht in Frage. Nochmals mit einem anderen Verein für zwei Spiele pro Saison ins Brügglifeld zurückkehren, das will er nicht. Zu sehr mag er die Fans vom Brügglifeld. Andere Angebote sind da schon interessanter. Luzern bietet ihm einen Vertrag für ein halbes Jahr an. Nganga aber will für sich und seine Familie lieber etwas Längerfristiges. Auf keinen Fall möchte er schon im Sommer wieder den Klub wechseln.

Angebot aus der Major League Soccer

Beim letzten vorliegenden Angebot ist die Entscheidung dann am schwierigsten. Die Seattle Sounders wollen Nganga. Was für eine Chance! Seattle ist in der Major League Soccer (MLS) ein Spitzenteam. Im letzten Dezember holten sich die Sounders mit dem Schweizer Goalie Stefan Frei im Playoff-Final gegen Toronto im Penaltyschiessen den Meistertitel. Es herrscht Fussballeuphorie im Nordwesten der USA. 40 000 bis 50 000 Zuschauer strömen für die Heimspiele ins riesige CenturyLink Field. In diesem Stadion trägt auch das berühmte American Football Team, die Seattle Seahawks, seine Spiele aus. Diese Herausforderung reizt Nganga sehr.

Nur würde ein Wechsel in die USA für die Familie Nganga eine riesige Umstellung bedeuten. Ein neues Land, ein neues Schulsystem, eine neue Sprache. Seattle machte Druck. Der Wechsel soll rasch über die Bühne gehen. Für Nganga, der die Lebensqualität in der Schweiz sehr schätzt, geht das zu schnell.

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Zudem merkt er, dass jetzt die Chance gekommen ist, um dem FC Aarau etwas zurückzugeben. Die Personalprobleme in der Aarauer Verteidigung sind wegen den Verletzungen von Stéphane Besle, Miguel Peralta und Marco Thaler gross. Nganga merkt, dass der FC Aarau ihn braucht. Seine Entscheidung steht fest. Er freut sich auf die bekannten Gesichter in Aarau und auf die Fans.

Eingelebt hat sich der Kongolese in Aarau rasch wieder. Er sitzt in der Kabine fast am gleichen Platz wie vorher, und auch seine Rückennummer 22 bekommt er zurück. Bereits in den ersten Heimspielen skandieren die Fans seinen Namen, wie wenn er nie weg gewesen wäre. Nganga ist wieder zuhause. Alles ist wieder in Ordnung. Nganga kann wieder lachen.

«Das war ein Highlight meiner Karriere, so etwas können wir wieder schaffen»

Igor Nganga, über den Aufstieg 2013

In dieser Saison können keine grossen Ziele mehr erreicht werden. Aber in der nächsten will Nganga mit dem FCA erfolgreich sein. «Wenn das Team so bestehen bleibt, wie es jetzt ist, dann wird es gut laufen in der nächsten Saison», ist er sich sicher. Das Ziel ist für den Kongolesen klar: Der Aufstieg in die Super League soll her. Als Nganga vom letzten Aufstieg und der darauffolgenden Party erzählt, dann funkeln seine Augen. «Das war ein Highlight meiner Karriere, so etwas können wir wieder schaffen», so Nganga.

Neben dem Fussballfeld macht sich Nganga Gedanken darüber, was er nach seiner Karriere als Fussballprofi machen wird. Eine konkrete Idee hat er allerdings noch nicht. Weiterhin etwas mit Fussball oder zumindest mit Sport könnte es sein. Fussballtrainer? «Nein, zu wenig Geduld», sagt Nganga zu dieser Idee. Modedesigner? «Warum nicht?» Musiker? «Nein, ich kann nur Trommeln. Das wäre zu laut für die Nachbarn.» Oder vielleicht Pfarrer? «Wenn Gott das will, dann werde ich vielleicht Pfarrer», sagt Nganga. Dabei lacht er herzhaft.

Matchzeitung Nr. 16 (2016/17) lesen

Dieser Artikel ist am 9. April 2017 in der Ausgabe Nr. 16 (Saison 2016/17) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Winterthur erschienen.

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