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Nicholas Ammeter ist der Öffentlichkeit erst seit kurzer Zeit ein Begriff. Dabei ist der 18-jährige Torhüter schon seit 14 Jahren ein Teil des FC Aarau.

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In der glühenden Hitze in Cham waren 120 Minuten gespielt, als die Entscheidung im Penaltyschiessen fallen musste. Die Mannschaft bildete einen Kreis und viele Spieler sprachen Torhüter Nicholas Ammeter Mut zu. Dieser schritt unbeeindruckt von der Situation ins Tor und sicherte seinem Team mit zwei gehaltenen Elfmetern den Einzug in die nächste Cuprunde. Nervös sei er nicht gewesen, lässt er sich später zitieren: «Meine Freunde machen oft Witze darüber, dass ich nie einen Penalty halte; ich hatte nichts zu verlieren.» Was wie eine Floskel klingt, nimmt man Ammeter im persönlichen Gespräch sofort ab. Seine ruhige, abgeklärte und überlegte Art beeindruckt. Dieser hat er wohl auch seinen Werdegang zu verdanken, in dem es viel Geduld und Durchhaltevermögen brauchte.

«Ich erinnere mich daran, dass ich mich geärgert habe, mein FC-Aarau-Trikot dort nicht tragen zu dürfen.»

Nicholas Ammeter, über seinen ersten Stadionbesuch

Geboren wurde Nicholas Ammeter in New York, wo sein Vater damals beruflich stationiert war. Drei Jahre nach der Geburt von Nicholas zog die Familie zurück in die Schweiz und wohnt seither in Aarau. Aufgewachsen ist Ammeter ganz in der Nähe vom Stadion Brügglifeld. Als Fünfjähriger besuchte Nicholas Ammeter das erste Mal ein Spiel des FC Aarau live im Stadion. Weil die Verwandten Fans des FC Basel sind, verfolgte Ammeter das Spiel jedoch wider Willen vom Gästesektor aus. «Ich erinnere mich daran, dass ich mich geärgert habe, mein FC-Aarau-Trikot dort nicht tragen zu dürfen», lacht Ammeter. Vom Spiel selber blieb wenig in Erinnerung, umso mehr aber von der Ambiance.

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Nicholas Ammeter als Penaltykiller im Cup-Spiel gegen Cham

Inzwischen wohnt Ammeter mit seinen Eltern und den beiden jüngeren Geschwistern im Zelgli-Quartier. «Ihre Unterstützung ist riesig. Das weiss und spüre ich, auch wenn sie nicht an jedem Spiel live dabei sind», so Ammeter, «meine beiden Geschwister machen auch erfolgreich und leidenschaftlich Sport. Die Eltern können nicht überall gleichzeitig sein.» Schwester Ella spielt Volleyball beim BTV Aarau und ist mit 16 Jahren bereits Teil der 1. Mannschaft in der Nationalliga B. Der 14-jährige Bruder Mattia ist ebenfalls Fussballtorhüter und unterstützt zusammen mit der Familie oder Freunden den grossen Bruder wenn immer möglich live im Stadion, natürlich stolz im Ammeter-Trikot.

Sowohl der Vater als auch der Onkel und die Cousins spielten Handball, die Kollegen hingegen waren fussballbegeistert. Beim Ballspielen mit anderen Kindern im Garten war für Nicholas Ammeter die Torhüterposition die einzige Möglichkeit, die beiden Sportarten Handball und Fussball zu verbinden.

Sonderefforts zahlten sich aus

Als er dann mit fünf Jahren bei den Brügglikids des FC Aarau startete, war er von Beginn weg im Tor anzutreffen. Vom anfänglichen Spass, Fussball zu spielen wurde je länger je mehr eine Leidenschaft, die ihn schlussendlich ins Team Aargau brachte. «Bis zur U-15 wurde ich stets etwas belächelt, auch später war ich nur selten Stammgoalie», erinnert sich Ammeter an diese Zeit. In die U-16 schaffte er es vorerst nur provisorisch, zeigte sich aber schon damals fokussiert und kämpferisch. Beim Evaluationsgespräch schrieb er als Ziel für die kommende Saison ein Aufgebot für die Juniorennationalmannschaft auf.

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Ammeter mit U-17-Natikeeper Marvin Hübel

«An diesem Punkt habe ich für mich entschieden, entweder aufzuhören oder alles zu versuchen, um meinen Traum wahr werden zu lassen», so Ammeter, der danach begann, vor und nach den offiziellen Trainings mehr Zeit zu investieren und auch individuell zu trainieren. Diese Sonderefforts zahlten sich rasch aus; wenige Monate nach dem neu formulierten Ziel konnte er dieses bereits erreichen. Er erfuhr per WhatsApp, als er im Abschlusslager mit seiner Bezirksschulklasse war, von seinem Aufgebot für die U-16-Nationalmannschaft. «Damals spürte ich zum ersten Mal, dass mehr drinliegen könnte. Ich habe mich riesig gefreut», erzählt Am­meter, der vorher das überdurchschnittliche Talent eher in anderen Spielern seiner Mannschaft sah und sich fragte, wo er im Vergleich stehe.

«Die Doppelbelastung macht mir nichts aus, im Vergleich zur letzten Saison ist es sogar etwas einfacher geworden.»

Nicholas Ammeter, über seinen Alltag mit Schule und Sport

Parallel zur sportlichen Weiterentwicklung startete Ammeter die Kantonsschule in Aarau, wo er die Sportkanti macht und vor wenigen Wochen das vierte und somit zweitletzte Jahr startete. Den Alltag im Profisport und der Kantonsschule zu vereinbaren ist keine leichte Aufgabe, denn Ammeter bestreitet nebst der Schule auch jedes Training beim FCA: Wenn Aarau zweimal am Tag trainiert, drückt Ammeter vor beiden Trainings auch noch die Schulbank und eilt zwischen Brügglifeld und der Alten Kantonsschule hin und her. «Die Doppelbelastung macht mir nichts aus, im Vergleich zur letzten Saison ist es sogar etwas einfacher geworden.»

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Ammeter stand in der letzten Saison beim FC Baden zwischen den Pfosten

In der letzten Saison spielte Ammeter das erste Mal in seinem Leben für einen anderen Verein als Aarau, er wurde für eine Spielzeit an den Team-Aargau-Partner FC Baden ausgeliehen. Beim Erstligisten sollte er erste Erfahrungen im Erwachsenenfussball sammeln. «Bei den Junioren konnten wir auch nach einer Niederlage je nach Leistung zufrieden sein, in Baden wurden wir teils nach einem Unentschieden von den Fans zur Rede gestellt», so Ammeter über den Resultatdruck, den für ihn grössten Unterschied zwischen Junioren- und dem Erwachsenenfussball.

In allen Pflichtspielen eingesetzt

Über alles betrachtet ziehe er ein extrem positives Fazit aus diesem Leihjahr in Baden, erzählt Ammeter, der sich zum ersten Mal an einem neuen Ort präsentieren und beweisen musste. Dies gelang ihm ausgezeichnet: Ammeter absolvierte alle Meisterschafts-, Cup- und Playoffpartien über die volle Distanz (total 32 Spiele) für die Badener. Ähnlich wie bei seinem Stammverein endete eine erfolgreiche Saison mit einer grossen Enttäuschung. Wie Aarau verpasste auch Baden nach gewonnenem Auswärtsspiel im Rückspiel zuhause den angestrebten Aufstieg.

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Ammeter mit seinem Bruder Mattia (grünes Trikot) nach dem Heimsieg gegen Kriens

Nach dem Ende der Saison war unklar, ob Ammeter für eine weitere Saison nach Baden ausgeliehen wird oder zu Aarau zurückkehrt. Eine erneute Ausleihe des letztjährigen Stammkeepers Djordje Nikolic kam nicht zustande, weshalb für Nicholas Ammeter plötzlich alles ganz schnell ging. Eine Woche vor Saisonstart erfuhr er, dass er als erster Torhüter eingeplant ist. So kam Ammeter im Juli in Winterthur zu seinem ersten Profispiel. In den Tagen zuvor wurde sein Debüt in den sozialen Medien und Zeitungen kontrovers diskutiert und vielfach als hohes Risiko eingestuft. Wie geht man als junger Mann mit solchen Berichten und Kommentaren um? «Ich habe die Berichterstattung wahrgenommen, es beeinflusste mich aber nicht. Ich hatte keine Probleme damit und habe all die Meinungen nicht überbewertet», erzählt Ammeter sachlich, fügt aber mit einem Lachen an, dass «etwas weniger Vorurteile» schön gewesen wären.

«Ich fühlte mich gut und wusste, dass ich alles getan hatte, was möglich war.»

Nicholas Ammeter, über sein Debüt im FCA-Trikot

Den Matchtag hat Ammeter in guter Erinnerung, er sei vorfreudig, aber nicht speziell nervös gewesen. Vater Martin, einst selber Leistungssportler (Handball), gab ihm am Morgen mit auf den Weg, sich nicht auf das Resultat, sondern auf seine Abläufe zu konzentrieren, die Resultate kämen so von ganz alleine. «Ich hatte eine gute Trainingswoche hinter mir, fühlte mich gut und wusste, dass ich alles getan hatte, was möglich war», so Ammeter. Das Spiel endete 1:1 unentschieden und Ammeter konnte sich mit diversen Paraden auszeichnen.

In den nächsten Tagen wird Nicholas Ammeter mit der Schweizer U-20-Nationalmannschaft unterwegs sein und zwei Spiele (gegen Portugal und gegen England) bestreiten. Dabei wird er sich auf einem internationalen Niveau beweisen und weitere wertvolle Erfahrungen sammeln können, um seinen Traum Schritt für Schritt weiter zu verwirklichen.

Matchzeitung Nr. 3 (2019/20) lesen

Dieser Artikel ist am 31. August 2019 in der Ausgabe Nr. 3 (Saison 2019/20) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Wil erschienen.

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