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Im Gespräch erzählt Konditionstrainer Norbert Fischer, wieso er gerne in ländlicher Idylle wohnt, wie der FC Aarau besser werden könnte und welche FCA-Legende sein grosses Vorbild war.

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Wir blicken 33 Jahre zurück. Der kleine Norbert ist achtjährig, wohnt in Othmarsingen und geht in die zweite Klasse. Auf dem Pausenplatz spielt er mit seinen Freunden Fussball. Ein Team stellt den FC Aarau dar und die anderen sind GC. Norbert möchte bei Aarau sein. Dort ist nämlich Ottmar Hitzfeld Trainer und sorgt für Begeisterung im ganzen Kanton. Auch Norbert ist FCA-Fan und möchte dem Club beitreten. «Ich begleite dich überall hin, aber an ein Fussballspiel komme ich nicht», sagt der Vater aber nur. Er möchte lieber, dass sein Sohn Leichtathlet wird. Doch der kleine Norbert verfolgt seinen Traum weiter. Nach einem Probetraining beim FC Aarau wird er bei den Junioren seines Lieblingsvereins aufgenommen. Und wer ist plötzlich auch stolz auf das Jungtalent? Klar, sein Papi!

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Als Kondi-Trainer gibt er die Richtung vor

Norbert oder «Nobi», wie ihn alle nennen, spielt sich durch sämtliche Juniorenteams. Er ist kein Überfussballer, aber er hat Biss. Er spielt gerne den Sechser vor der Verteidigung. Er geht in jeden Zweikampf. Er läuft viel. Er hat ein gutes Passspiel. Aber er schiesst nicht Tor um Tor wie sein grosses Idol Charly Herberth.

Die Bewegung prägt die Jugend von Norbert Fischer. In der Schule ist er gut, er fällt aber auch auf als «Zappelphillipp», dem es am wohlsten ist, wenn er herumrennen kann. Gelegentlich nimmt er an Läufen teil und fällt auch in dieser Sportart positiv auf. «Im Laufsport haben mir ebenfalls mein Wille und Biss geholfen, um erfolgreich zu sein», erzählt Nobi heute.

«Klar, war ich enttäuscht. Aber meinem Hobby konnte ich ja trotzdem weiterhin nachgehen.»

Nobi Fischer, über den verpassten Sprung ins FCA-Fanionteam

Mit 19 Jahren wird für ihn klar, dass sein Weg nicht in die 1. Mannschaft des FC Aarau führen wird. Eine Welt bricht für ihn aber nicht zusammen: «Klar, war ich enttäuscht. Aber meinem Hobby konnte ich ja trotzdem weiterhin nachgehen», sagt er rückblickend. Er spielt weiter beim FC Brugg, wo er zwei Aufstiege miterlebt, welche den Verein bis in die 1. Liga führen. Fischer nimmt in seinem neuen Team trotz seiner Jugend eine Führungsposition ein. Auf ihn ist Verlass, Fussball ist seine grosse Leidenschaft.

Knieverletzung bringt neue Perspektiven

Auch das Leiden wird jedoch in dieser Zeit zum Thema. Die Knie waren schon immer seine Schwachstelle, und mit 23 Jahren kommt es zum Totalschaden im rechten Knie. «Es war eigentlich alles kaputt, ausser dem Kreuzband», erinnert er sich. Die körperliche Leidenszeit mit zwei Operationen und langer Reha ist schlimm. Allerdings bringt diese Zeit auch neue Perspektiven. Mittlerweile ist er im Studium zum Sportlehrer an der ETH, und weil er als Führungsspieler schon immer gewohnt war, Verantwortung zu übernehmen, nimmt er während der Verletzung die Funktion des Assistenztrainers in Brugg ein. Die neue Rolle gefällt Fischer. Fortan ist er ein Spieler, der wie ein Trainer denkt. Er macht Diplome und wechselt fünf Jahre später – im Januar 2007 – zum FC Muri.

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Nach kurzer Zeit wird er Spielertrainer. In dieser Rolle fühlt sich der mittlerweile 29-Jährige allerdings nicht wohl. «Ich konnte mich weder aufs Spielen noch aufs Coachen konzentrieren», denkt er zurück. Er wird Cheftrainer und ist erfolgreich. In dieser Zeit merkt Fischer, was sein wichtigster Fokus als Trainer ist: «Fitness und Taktik sind wichtig. Allerdings ist das alles nicht so viel wert, wenn der Teamgeist nicht stimmt», beschreibt Fischer seine Erfahrungen. Er hat auch eine klare Idee, wie man in einem Team für gute Stimmung sorgen kann. «Wichtig sind klare Abmachungen, Respekt gegenüber allen im Team, der Wille zusammenzuarbeiten und die Bereitschaft, die eigenen Bedürfnisse zurückzustecken», fasst er zusammen.

«Es ist wichtig, dass man als Trainer oder Trainerteam den ganzen Menschen sieht und nicht nur den Spieler. Nur so kann man richtig mit ihm umgehen»

Nobi Fischer, über seine Trainerphilosophie

Zudem ist er überzeugt, dass jeder Sportler nur seine maximale Leistung abrufen könne, wenn es ihm auch ausserhalb des Sports gut gehe. «Es ist wichtig, dass man als Trainer oder Trainerteam den ganzen Menschen sieht und nicht nur den Spieler. Nur so kann man richtig mit ihm umgehen», sagt er. Diese Philosophie nimmt Fischer später auch mit nach Luzern, wo er fünf Saisons lang für die Fitness der 1. Mannschaft und der Junioren des FCL zuständig ist.

Letzten Sommer dann: Der Wechsel ins Brügglifeld. Das macht für Fischer aus vielerlei Hinsicht Sinn. Seit einigen Jahren wohnt er mit seiner Frau Claudia und den drei Kindern Maurice (10), Noraline (8) und Marc-André (7) in Wiliberg, einem Weiler zwischen Schöftland und Zofingen. «Ein kleines, ruhiges und herziges Dörfchen, in dem wir uns richtig zuhause fühlen», erzählt er. Der Weg nach Aarau ist kürzer als nach Luzern. Die gesparte Zeit investiert er in seine Familie: «Meine Kinder sind jetzt in einem Alter, in dem sie noch Freude an ihrem Papi haben, da will ich auch mal zuhause sein.» Zu oft ist er in den letzten Jahren wegen Trainings am Abend erst nach Hause gekommen, als die Kinder schon im Bett waren. «Während der Zeit in Luzern war ich zuhause allerhöchstens Assistenztrainer», blickt er zurück mit einem Schmunzeln.

Mehr Kompetenzen im FCA-Trainerteam

Es hat allerdings nicht nur praktische Gründe, warum er den Wechsel zum FC Aarau anstrebt. In Luzern war er Teil eines viel grösseren Trainerteams. Er war ein Rädchen in der Maschine und nur für die Fitness zuständig. Anders ist das in Aarau: Hier ist das Trainerteam kleiner. Fischer schaut besonders darauf, dass die Einheiten für die Kondition der Spieler einen guten Trainingseffekt bringen. Allerdings kann es sein, dass er auch einmal eine taktische Einheit mit einer Kleingruppe durchführt oder während eines Trainings gezielt Spieler beobachtet. «Die Abwechslung bei dieser Aufgabe in Aar­au macht es extrem spannend», ist Fischer begeistert.

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«Nobi» spricht mit Raoul Giger

Wenn es dann um die Fitness der Spieler geht, wird Fischer zum Perfektionisten. Er will nicht einfach ein Konditionstraining machen, damit alle einigermassen fit sind. Seine Ansprüche sind andere: Er will jeden einzelnen Spieler individuell fördern. «Ein älterer Spieler mit viel Erfahrung braucht überhaupt nicht das gleiche Training wie ein Jungtalent mit viel Potenzial», erzählt der 41-Jährige leidenschaftlich. Für ihn ist die Trainingswissenschaft nicht nur Beruf, sondern ist mit viel Herzblut verbunden. Ein Beispiel: Wenn sich Fischer in den Ferien mit einer Lektüre in den Garten seines Hauses setzt, dann nimmt er sich keinen Krimi oder Roman. Nein! Er liest die neusten wissenschaftlichen Artikel zu optimalem Training. Aus dem einfachen Grund: «Es interessiert mich am meisten.»

«Im Brügglifeld an der Seitenlinie zu stehen und einen Teil zum Erfolg der Mannschaft beitragen zu können, das ist für mich ein Bubentraum.»

Nobi Fischer, über seine aktuelle Arbeit

Neben den Vorzügen des kürzeren Arbeitsweges und der tollen Teamarbeit ist die Arbeit beim FC Aarau für Fischer aber auch eine Herzensangelegenheit. «Im Brügglifeld an der Seitenlinie zu stehen und einen Teil zum Erfolg der Mannschaft beitragen zu können, das ist für mich ein Bubentraum.»

Nobi Fischer macht sich viele Gedanken zum FC Aarau. Er ist sich sicher: Es ist noch viel Potenzial vorhanden. Er möchte den Verein in den Bereichen Trainingssteuerung, Regeneration und Ernährung weiterbringen und wünscht sich eine noch konsequentere Förderung der Nachwuchsspieler. «Der FCA hat einige gute Junioren, die den Sprung in die 1. Mannschaft schaffen können», ist er überzeugt. Er wünscht sich für die Spieler, die an der Schwelle zum Fanionteam stehen, mehr Betreuung. Zum einen im technisch-taktischen Training auf dem Platz, aber auch im Umfeld. «Manche Spieler brauchen vermehrt Unterstützung darin, ihr Leben mit Fussball, Schule, Berufslehre und Privatleben optimal zu organisieren», gibt Fischer zu bedenken.

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Im Gespräch mit Petar Alexandrov

Auch die Verankerung in der Stadt und der näheren Umgebung ist für Fischer relevant. Er denkt, dass sich der FC Aarau noch stärker mit anderen Vereinen der Region vernetzen könnte. «Wenn beim Unihockey-, Handball-, Basketball- oder Volleyballverein in Aarau ein wichtiges Spiel ansteht, finde ich, dass das auch den FC Aarau etwas angeht.» Auch sonst ist er der Meinung, dass sich der FC Aarau als Verein in der Stadt mehr zeigen dürfte: «Der gemeinsame Besuch am Maienzug ist so ein Anlass», denkt er zurück. An solchen Aarauer Events dürfe der FCA nicht fehlen. Trotz seinen Ideen für Verbesserungen ist Fischer aber auch bewusst, dass im Verein bereits sehr viel, gut und oft auch ehrenamtlich gearbeitet werde.

Träume für die Zeit nach der Trainerkarriere

Auch ausserhalb seiner Arbeit hat Fischer Träume und Projekte, die er gerne weiterverfolgen möchte. Das 200-jährige Haus, in dem er und seine Familie wohnen, bräuchte einige Umbauten. Er hat in Wiliberg eine Art «Sport-Treff» organisiert. Immer am Donnerstagabend treffen sich Alt und Jung auf der Wiese beim Schulhaus zum gemeinsamen Sporttreiben – unter der professionellen Anleitung von Sportlehrer Fischer. Zudem ist ihm sehr wichtig, seine Freundschaften und die Beziehung zu seinen Eltern zu pflegen.

Für die Zeit nach seiner Trainerkarriere hat sich Fischer auch schon Gedanken gemacht. «Ich könnte mir vorstellen, in der Sportförderung tätig zu sein», führt er aus. Auch würde er vermehrt auf Reisen gehen, um verschiedene Länder und Kulturen besser kennenzulernen und zu verstehen. Und natürlich will er Zeit haben für seine Familie. Um beispielsweise einen Wettkampf seiner Kinder schauen zu gehen. Egal, ob in der Leichtathletik oder im Fussball.

Matchzeitung Nr. 6 (2019/20) lesen

Dieser Artikel ist am 24. September 2019 in der Ausgabe Nr. 6 (Saison 2019/20) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Stade Lausanne Ouchy erschienen.

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