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Als Profi-Fussballer und Praktikant zugleich pendelt Andrin Hunziker zwischen Training im Brügglifeld und seiner Arbeit auf der Geschäftsstelle des FC Basel.

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Durch seinen zwei Jahre älteren Bruder kam Andrin zum Fussball, als Junior beim FC Therwil. So richtig packte ihn der Vereinssport aber noch nicht, und so hörte er nach kurzer Zeit wieder auf. «Wahrscheinlich war der Trainer zu streng, und in diesem Alter hatte ich halt keine Lust darauf.» Andrin verbrachte aber weiterhin viel Zeit auf dem Fussballplatz, spielte mit seinem Bruder oder feuerte ihn bei Turnieren an – und trat zwei Jahre später dem lokalen Verein erneut bei.

«Von ihm habe ich sehr viel gelernt. Von Stürmer zu Stürmer – diese Trainings waren Gold wert und haben mich weitergebracht.»

Andrin Hunziker, über Alex Frei

Der FC Basel entdeckte das Fussballtalent anlässlich eines Turniers. «Kurz darauf erhielt ich eine Einladung für ein halbes Jahr Probetraining. Meine Eltern waren im ersten Moment nur mässig begeistert. Mehr Aufwand, mehr Druck. Wir warteten erst mal ein bisschen ab.» Der Wechsel kam dann in der U11 zustande. Der junge Basler durchlief danach alle Stufen im FCB-Nachwuchs. Wurde gefördert und gefordert. «In der U18 war Alex Frei mein Trainer, von ihm habe ich sehr viel gelernt. Später durfte ich wieder mit ihm zusammenarbeiten. Von Stürmer zu Stürmer – diese Trainings waren Gold wert und haben mich weitergebracht.»

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Andrin Hunziker bei der Arbeit im FCB-Office

2021 unterschrieb er beim FC Basel seinen ersten Profivertrag. Diesen Sommer folgte die Ausleihe nach Aarau. Ein Wechsel, den sich Andrin gut überlegt hat. Die Chance auf regelmässige Einsätze und Spielzeit wollte er sich nicht entgehen lassen. Auch wenn das für ihn mehr Stress und weniger Freizeit bedeutet. Denn Andrin steckt neben dem Platz noch mitten in der Ausbildung zum Kaufmann EFZ mit Berufsmatura via Wirtschaftsmittelschule. Den schulischen Teil hat Andrin bereits hinter sich. «Eher etwas minimalistisch», wie er zugibt. «In der Schule bin ich das Gegenteil zum Fussball. Ich mache nur genau so viel, damit es reicht. Bis jetzt hatte ich aber Glück und meine Taktik ging immer auf.»

Arbeit im Büro als guter Ausgleich

Für die betriebliche Ausbildung absolviert er aktuell ein kaufmännisches Praktikum auf der Geschäftsstelle des FC Basel und bekommt so spannende Einblicke in die Fussballwelt abseits des Rasens. «Ehrlicherweise spiele ich lieber Fussball als im Büro zu sitzen. Aber das Arbeiten tut mir gut. Etwas für den Kopf machen, das Hirn aktivieren – es ist ein guter Ausgleich und zwingt mich, mich auch mal mit anderen Sachen zu beschäftigen.»

«Zuhause gibt es auch andere Themen als Fussball. Meine Eltern sind nicht so die Fussballfanatiker, die mir Tipps geben.»

Andrin Hunziker, über seine Familie

Alles unter einen Hut zu bringen, verlangt viel Organisationsgeschick, Flexibilität vom Arbeitgeber und Verständnis von Freunden und Familie. Und Disziplin. Die Teamkollegen können die trainingsfreie Zeit frei gestalten, Andrin sitzt im Büro und muss sich weiterhin konzentrieren und Leistung bringen. Noch bis nächsten Sommer, dann ist die Ausbildung beendet. Dann will er vollkommen auf Fussball setzen, seinen Traum verfolgen. Dabei aber bescheiden und bodenständig bleiben, die Fussballkarriere mit einer soliden Aus­bildung absichern, Perspektiven schaffen. Werte, die Andrin schon früh in seiner Familie gelernt hat und er weiterhin mitträgt und umsetzt. «Zuhause gibt es auch andere Themen als Fussball. Meine Eltern sind nicht so die Fussballfanatiker, die mir Tipps geben.» Und fügt schmunzelnd hinzu: «Das könnten sie auch gar nicht.»

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Andrin Hunziker spielt leihweise beim FC Aarau

Andrin ist sich bewusst, dass die Eltern wegen ihm sehr viel Rücksicht nehmen mussten. Wochenenden, Familienurlaub, Tagesplan vieles wurde dem Fussball untergeordnet. Der Jüngste gab den Ton an. Eigentlich. Denn Andrins Eltern sind pragmatisch und fanden für sich und die Familie einen guten Kompromiss. So wurde er auch mal zugunsten von Urlaub aus dem Training genommen. Die obligatorische Schulzeit absolvierte das junge Talent auf der öffentlichen Schule, und nicht etwa in einer Sportschule. Dafür durfte er beispielsweise dem Hauswirtschaftsunterricht zugunsten des Morgentrainings fernbleiben. Etwas, das er – wie er grinsend erzählt – heute nachholen muss. Der 19-Jährige wohnt zum ersten Mal allein, zumindest zwei, drei Tage die Woche, und lernt nun notgedrungen kochen und putzen. Umso mehr freut er sich danach jeweils auf die Tage zuhause in Therwil. Das Essen sei einfach besser, und das mit der Wäsche…

Alte Freundschaften pflegen

Neben Praktikum und Fussball bleibt nicht viel Freizeit. «Bei mir gibt es nur wenig arbeits- und fussballfreie Zeit. Diese ist dann für Familie, Freunde und natürlich für meine Freundin reserviert. Wie fast alle in meinem Umfeld muss auch sie sich mir, meinem Zeitplan und dem Fussball anpassen, daher versuche ich in meiner wenigen Freizeit voll für sie da zu sein. Sie tut mir gut.» Einige Freundschaften pflegt er auch noch aus der Schulzeit in Therwil. «Es ist spannend, wie sie unterschiedlichsten Ausbildungen nachgehen, teilweise so gar nichts mit Sport am Hut haben und ganz andere Wege gehen als ich.» Und natürlich kommt trotzdem auch in der Freizeit ein bisschen Fussball vor. Wenn Andrin Zeit findet, geht er ins «Joggeli» und schaut die Spiele seiner Kollegen. Er verfolgt auch aktiv die Bundesliga, die Premier League und seinen Lieblingsverein, den FC Barcelona.

«Dieser Moment, wenn du als Stürmer eingewechselt wirst mit dem Ziel, das Spiel aktiv zu beeinflussen, ist ungemein kraftvoll und energiegeladen.»

Andrin Hunziker, über seine Position

Andrin ist ein Familienmensch. Und die Familie und die engen Freunde sind es auch, die Andrin nach einem nervenaufreibenden, emotionalen Spiel abholen können. «Sie wissen genau, wie sie in einer solchen Situation mit mir umgehen und mit mir reden müssen, damit ich wieder runterkomme.» Wie Anfang Oktober. Beim Spiel gegen den FC Thun holt sich Andrin eine rote Karte. Er ärgert sich, er sei übereifrig und zu ungestüm gewesen, reflektiert er. Aber noch fast mehr als die Karte ärgere ihn die vergebene Torchance. Er hatte den Siegtreffer auf dem Fuss.

Das ist es, was ihn anspornt. «Dieser Moment, wenn du als Stürmer eingewechselt wirst mit dem Ziel, das Spiel aktiv zu beeinflussen, ist ungemein kraftvoll und energiegeladen. Ich weiss, dass ich in dem Moment massgeblich zum Erfolg meiner Mannschaft beitragen kann. Ich will Tore schiessen, ich will das Resultat mitgestalten, ich will gewinnen. Ich erwarte von mir in diesem Moment Bestleistungen.»

«Respektvoller Umgang im Team»

Andrin hat sich gut in Aarau eingelebt. Er schätzt das Familiäre im Brügglifeld, das Miteinander. Einige seiner Mannschaftskollegen kennt Andrin bereits aus den nationalen Nachwuchsauswahlen. Aktuell spielt er mit Mischa Eberhard und Silvan Schwegler für die U20. Aber auch mit den anderen Spielern kommt er sehr gut klar und fand schnell Anschluss. «Das Team besteht aus den unterschiedlichsten Charakteren und trotzdem halten alle zusammen, der Umgang ist herzlich und respektvoll. Und obwohl wir bunt gemischt bezüglich Alter und Herkunft sind, gibt es keine Grüppchen. Das macht ein gutes Team aus.»

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Captain Olivier Jäckle findet ausschliesslich positive Worte für seinen jungen Mannschaftskollegen und bestätigt, dass Andrin sich sehr schnell und gut ins Team integriert habe. Zudem lobt er seine ruhige, anständige Art und sagt mit einem Augenzwinkern: «Obwohl er vom FC Basel kommt, zeigt er keinerlei Starallüren.» Weiter verrät er, dass die Team­kollegen Andrin gerne auch mal «Haaland» rufen. Zwar besteht mit etwas Fantasie eine gewisse äussere Ähnlichkeit mit Erling Haaland, dem grossgewachsenen Stürmer von Manchester City, aber der Spitzname ist natürlich auch auf Andrins Talent zurückzuführen und soll ihn zusätzlich motivieren.

Sportchef Sandro Burki rühmt den jungen Stürmer nicht nur wegen seiner Physis: «Andrin beweist grossen Ehrgeiz. Selbstkritisch arbeitet er daran, immer besser zu werden. Wir sind mit ihm und seiner Entwicklung sehr zufrieden.»

«So mancher Super-League-Club würde sich solche Fans wünschen. Die Unterstützung spornt jeden Spieler zusätzlich an, sein Bestes zu geben.»

Andrin Hunziker, über die FCA-Fans

Andrins Ziel ist mit dem FC Aarau aufzusteigen. Im Gegensatz zu anderen jungen FCA-Spielern konnte Andrin bereits erste Erfahrungen in der höchsten Schweizer Liga sammeln. Fünfmal kam er mit dem FC Basel in der Super League zu einem Teileinsatz. Sein Debüt fand aufgrund Corona in einem leeren Stadion statt und war daher nicht ganz so spektakulär. Um so beeindruckender war dann das erste Spiel vor Publikum gegen den FC Sion. «Den eigenen Pass, den Ball nicht zu hören, weil 20 000 Fans Stimmung machen – das gibt Gänsehaut.» Auch für die Aarauer Fans findet er anerkennende Worte: «So mancher Super-League-Club würde sich solche Fans wünschen. Die Unterstützung, welche wir beispielsweise bei Auswärtsspielen erleben dürfen, spornt jeden Spieler zusätzlich an, sein Bestes zu geben.»

Matchzeitung Nr. 8 (2022/23) lesen

Dieser Artikel ist am 23. Oktober 2022 in der Ausgabe Nr. 8 (Saison 2022/23) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den Neuchâtel Xamax FCS erschienen.

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