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Der 23-jährige Innenverteidiger Léon Bergsma hat einen etwas einsamen Start in der neuen Heimat erlebt, fühlt sich aber dennoch wohl in Aarau.

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Der Fussball wurde Léon Bergsma praktisch in die Wiege gelegt. Sein Vater Hans Bergsma spielte früher bei AFC Amsterdam und in der 2. Mannschaft von Ajax, musste seine Karriere jedoch verletzungsbedingt beenden und war lange Jahre als Trainer tätig. Heute führt er seine eigene Football Academy in Amsterdam. Seine beiden Söhne Pieter (heute 31) und Léon sind von klein auf mit Fussball aufgewachsen. «Ich glaube, ich habe den ersten Ball gespielt, bevor ich richtig laufen konnte», erinnert sich Léon Bergsma. Im Alter von gerade einmal vier Jahren hat Ajax Amsterdam sein Talent entdeckt. «Jedoch musste ich weitere vier Jahre warten, bevor ich in die erste Juniorenstufe eintreten konnte. Ajax ist meine Heimat, hier habe ich meine gesamte Fussballerjugend durchlebt.»

Meistertitel in der «Eerste Divisie»

Im Mai 2015 durfte der damals 18-jährige Léon Bergsma erstmals für «Jong Ajax» in der zweiten niederländischen Spielklasse auflaufen. Hier, in der Reservemannschaft des niederländischen Rekordmeisters, überzeugte der junge Verteidiger, wurde zum Stammspieler und führte seine Mannschaft 2018 als Captain zum Titelgewinn in der «Eerste Divisie». Mit seinem Wechsel zu AZ Alkmaar in der höchsten niederländischen Liga, der «Eredivisie», zog Bergsma in seine erste eigene Wohnung, 30 Minuten vom Elternhaus entfernt.

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Léon Bergsma mit der Meisterschale der Eerste Divisie - und seiner Freundin Anne

Der junge Spieler wurde von seiner Fa­milie stets unterstützt, auch wenn dies nicht für alle Beteiligten einfach war: «Mein Bruder spielte als Amateur und hat keine Profi-Karriere angepeilt, und so lag fast die gesamte Aufmerksamkeit auf mir – er musste in dieser Zeit oft zurückstecken. Jedoch hat er mir dies nie übel genommen, im Gegenteil: er ist einer meiner grössten Fans.»

«Ich finde es sehr wichtig, den Kontakt zum Leben ausserhalb der Fussball-Bubble nicht zu verlieren.»

Léon Bergsma, über sein Umfeld

Schon von Kindsbeinen an eifert Bergsma also seinen Idolen Jan Vertonghen («Ich mag seinen Spielstil und seine Dribbelkünste») und Lionel Messi nach. Doch neben seiner Fussballerkarriere hat Léon Bergsma eine ordentliche Schulausbildung genossen: «Das war nicht nur meinen Eltern wichtig, sondern auch mir selbst. Man weiss nie, ob es mit dem Fussball klappt oder wie lange – und dann ist es wichtig, eine solide Alternative in der Tasche zu haben.» Fussball ist für den Holländer also vieles, aber nicht alles.

Aus dem gleichen Grund wollte er auf keinen Fall aufs Sportgymnasium gehen, auch wenn die Niederlande – ähnlich wie die Schweiz – attraktive Bildungsmöglichkeiten für Sportler anbietet. «Ich war und bin natürlich sehr oft mit anderen Fussballern zusammen. Ich will aber meine ‹normalen› Freundschaften mindestens ebenso pflegen, denn ich finde es sehr wichtig, den Kontakt zum Leben ausserhalb der Fussball-Bubble nicht zu verlieren.»

Der wandernde Holländer

Apropos «Bubble»: Die hat Bergsma mit seinem Engagement beim FC Aarau definitiv verlassen, denn Aarau ist seine erste Station ausserhalb der Niederlande. Wie fühlt er sich dabei? «Der Wechsel in die Schweiz ist für mich ein kleines Abenteuer. Abgesehen von einer Landung am Genève Aéroport, als wir mit ‹Jong Ajax› zu einem Spiel der UEFA Youth League in Lyon unterwegs waren, hatte ich vorher noch nie einen Fuss in das Land gesetzt. Aber ich kannte die Schweiz natürlich von Bildern und Erzählungen. Und es gefällt mir hier ausgezeichnet!»

Auch wenn Léon Bergsma seinem Nachnamen zufolge ein «Mann aus den Bergen» ist, so ist er sich niedrigere Gefilde gewohnt. In den Niederlanden liegt der höchste «Berg» gerade mal 322,7 Meter über dem Meeresspiegel. Klar, dass den jungen Spieler vor allem die Gipfel reizen: «Natürlich will ich die Schweizer Alpen erkunden! Ich liebe die Natur und das Wandern. Als Erstes möchte ich die aussichtsreiche Strecke vom Klingenstock auf den Fronalpstock unter die Füsse nehmen – die Route wurde mir wärmstens empfohlen.»

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Léon Bergsma im Duell mit Ex-FCA-Spieler Davide Callà

Die Covid-19-Pandemie prägt die Welt seit nunmehr bald einem Jahr. Natürlich hat dies auch Auswirkungen auf den Fussball. Spielverbot, Zuschauerbeschränkungen und Schutzmassnahmen sind in aller Munde. Kein Wunder, dass ein Wechsel in eine ausländische Liga für einen jungen Spieler gerade in Zeiten von Corona nicht ganz einfach ist. «Es ist für mich schon schwierig. Meine Familie hat mich aufgrund der aktuellen Quarantänevorschriften noch kein einziges Mal in der Schweiz besuchen können. Auch wenn ich natürlich meine Teamkollegen um mich habe, fühle ich mich zuweilen recht einsam, das gebe ich gern zu.»

Zu seinem Glück wird seine Partnerin Anne im Januar in die Schweiz kommen. Die 22-Jährige, die seit dreieinhalb Jahren an seiner Seite ist, studiert Ernährung und Diätetik und ist aktuell auf der Suche nach einer Beschäftigung in Léons neuer Heimat. «Zumindest mal für die nächsten sechs Monate ist sie hier, darauf freue ich mich schon sehr!»

«Es ist schon sehr seltsam, vor praktisch leeren Rängen zu spielen. Ohne Fans ist es einfach nicht das Gleiche.»

Léon Bergsma, über Geisterspiele

Nicht nur seine grössten Fans – seine Familie und seine Partnerin – fehlen Bergsma: «Es ist schon sehr seltsam, vor praktisch leeren Rängen zu spielen. Ohne Fans ist es einfach nicht das Gleiche. Einen kleinen Vorteil hat es: Man versteht jeden Zuruf seiner Teamkollegen problemlos. Obwohl», stutzt Bergsma und lacht, «das ist gleichzeitig auch der grösste Nachteil, denn die Gegner hören natürlich auch alles.»

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Dieser Artikel ist am 3. November 2020 in der Ausgabe Nr. 5 (Saison 2020/21) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den SC Kriens erschienen.

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