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Der 20-jährige Tägliger Marvin Hübel gehört zu den grössten Goalietalenten des Landes. Nach drei sehr erfolgreichen Leihjahren in Baden möchte er dies auch beim FC Aarau unter Beweis stellen.

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Es ist ein weiterer sehr heisser Tag dieser zweiwöchigen Hitzeperiode im August, als wir uns zum Gespräch treffen. Das letzte FCA-Heimspiel gegen Xamax, bei Regen und kühlen Temperaturen, scheint eine Ewigkeit entfernt. Marvin Hübel bittet nochmals um Entschuldigung, dass der Interviewtermin vom Morgen auf den Nachmittag verschoben werden musste, da das Abschlusstraining im Hinblick auf die Auswärtspartie gegen den FC Schaffhausen vorverlegt wurde. Die Einheit auf dem B-Platz an der prallen Sonne war dadurch vielleicht eine Spur erträglicher. «Trotzdem fiel einem zum Teil das Atmen schwer», erzählt der neue Stammtorhüter des FC Aarau. «In diesen Tagen trinke ich gefühlt 20 Liter.»

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Marvin Hübel vor seinem Debüt im Fanionteam gegen den FC Baden

Ein schattiger Platz direkt an der Aare ist gefunden, und Hübel beschreibt, wie es ist, wenn der Alltag auf einmal nicht mehr so durchgetaktet ist. Seit diesem Sommer kann er sich voll auf den Fussball konzentrieren. «Vor allem die acht Jahre ab der Oberstufe mit Schule, Trainings und Lernen waren sehr streng», erinnert er sich. Zusammen mit Binjamin Hasani und Joël Brack, zwei langjährigen Weggefährten auch auf dem Fussballplatz, schloss er im Juni die Sportkanti in Aarau ab. Jetzt geniesst er es, viel Freizeit zu haben.

«Ich habe mit Marco Thaler und Nicholas Ammeter, die vor mir den gleichen Ausbildungsweg beschritten hatten, darüber gesprochen, wie man mit dieser Umstellung umgeht. Sie gaben mir den Tipp, möglichst jeden Tag den gleichen Rhythmus beizubehalten. Also auch immer zur selben Zeit schlafen zu gehen, egal, ob die Trainings am Morgen oder Nachmittag stattfinden.» Der 20-jährige Neoprofi überlegt sich, ob er zu gegebener Zeit eine Weiterbildung in Angriff nehmen will. «Aber ich mach mir dabei keinen Stress und will nichts überstürzen.»

Torhüterjob als Familientradition

Die Faszination für den Goalie-Job ist bei Marvins Familie tief verankert. Sein verstorbener Grossvater stand einst als Nachwuchsspieler bei Austria Wien zwischen den Pfosten. Auch Vater Oliver war Torhüter, im Amateurfussball beim FC Kloten. Marvin beschreibt den Reiz dieser Position so: «Ich springe einfach gerne den Bällen nach und mag es, die Versicherung des Teams zu sein. Dazu kommt die mentale Herausforderung, dass du dir praktisch keine Fehler erlauben darfst, weil sonst meist ein Gegentor resultiert. Und wenn ein Fehler passiert: Wie gehst du damit um? Du kannst entweder den Kopf in den Sand stecken oder – besser – du versuchst das Ganze auszublenden und weiterzumachen. Auch ist es anspruchsvoll, wenn du während 90 Minuten kaum gefordert wirst, um dann bereit zu sein, wenn doch nochmals ein Schuss aufs Tor fliegt.»

«Es fasziniert mich, wie er seine für Goalies eher geringe Körpergrösse kompensieren kann.»

Marvin Hübel, über Yann Sommer

Seine erste Erinnerung ans Brügglifeld geht aufs Jahr 2010 zurück. Zusammen mit den Teamkollegen vom FC Tägerig durfte er die Spieler des FC Aarau (mit Captain Sandro Burki) und des Grasshopper Clubs Zürich als Line-up-Kid aufs Terrain begleiten. Den Schweizer Fussball verfolgte Marvin damals noch kaum – als Fan des FC Bayern München interessierte ihn vor allem die deutsche Bundesliga. Im Nachhinein betrachtet war seine «Premiere» im Aarauer Stadion auch die erste Begegnung mit dem damaligen GC-Torhüter Yann Sommer. Der mit 83 Einsätzen zu Buche stehende Schweizer Rekordnationaltorhüter ist denn auch eines der Vorbilder Hübels: «Bei Yann fasziniert mich, wie er seine für Goalies eher geringe Körpergrösse kompensieren kann.» Auch von Bayerns Manuel Neuer («wie er mitspielt») oder Ederson von Manchester City («starker Fuss») schaut sich der FCA-Torhüter das eine oder andere ab.

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Marvin Hübel (links) mit Goalietrainer Flamur Tahiraj und Andreas Hirzel (rechts)

Via FC Wohlen wechselte der Reusstaler zum Team Aargau und gehörte bereits im zarten Alter von 16 Jahren zum Kader von Aaraus 1. Mannschaft, als Back-up des ebenfalls noch sehr jungen Stammkeepers Nicholas Ammeter. «Es war sehr cool, bereits so früh im Männerfussball Erfahrungen sammeln zu dürfen. Aber die Umstellung von der Leaderfigur als Junior zum Nobody im Fanionteam war schon gross», erinnert er sich. Auch daran, wie der eine oder andere Routinier mit Unmutsbezeugungen nicht geizte, wenn mal ein Ball im Training nicht wunschgemäss ankam…

Doppelter Aufstieg mit dem FC Baden

Wie zuvor bereits Ammeter – und dazwischen mit Joël Bonorand ein weiteres Aarauer Goalietalent – durfte auch Hübel als Leihspieler beim FC Baden Spielpraxis sammeln. Im Sommer 2020 aufs Esp gewechselt, entwickelte er sich, wie schon seine beiden Vorgänger, rasch zu einem äusserst zuverlässigen Rückhalt. Die drei Jahre im Ostaargau liessen ihn auch als Persönlichkeit reifen. Zwei Badener Aufstiege in Folge waren auch eine hervorragende Referenz für Hübel, der seinen Vertrag beim FCA vor Jahresfrist bis 2025 verlängerte.

«Zwischen uns herrscht ein gesunder Konkurrenzkampf. Wir pushen uns jeden Tag und motivieren uns gegenseitig.»

Marvin Hübel, über Andreas Hirzel

Zurück im Brügglifeld, folgte gleich die Aarauer Pflichtspielpremiere gegen seinen Ex-Verein. «Vor diesem Match war ich angespannter als sonst», gesteht Hübel, dem beim 1:0-Sieg über Baden ein ausgezeichnetes Debüt im FCA-Trikot gelang. Mit einem Mentaltrainer trifft er sich jeweils alle drei bis vier Wochen oder vor besonders wichtigen Spielen. «Ich kann dann jeweils sagen, worauf ich im Gespräch den Fokus legen will.» Beim FC Aarau ist der Goalietrainer Flamur Tahiraj sein engster Vertrauter. Unter ihm trainierte er auch während seiner Leihe beim FC Baden zwei- bis dreimal pro Woche. «Mit Flamur verstehe ich mich auf und neben dem Platz sehr gut. Er kann mir mit seiner grossen Erfahrung extrem viel mitgeben.» Das kleine «Team im Team» komplettiert Hübels Goaliekollege Andreas Hirzel. «Ihn hatte ich zuvor nicht gekannt. Andi ist ein super Typ, zwischen uns herrscht ein gesunder Konkurrenzkampf. Wir pushen uns jeden Tag und motivieren uns gegenseitig.»

Nomination für die U21-Nationalmannschaft

Einige Konkurrenten hat Marvin Hübel auch im Kampf um einen Platz in der U21-Nationalmannschaft. Pascal Loretz (FC Luzern), Marvin Keller (BSC Young Boys) und Edin Omeragic (Servette FC, ausgeliehen an den heutigen FCA-Gegner Stade Nyonnais) sind hier seine prominentesten Mitstreiter. Die U21 mit den ehemaligen Aarauern Sascha Stauch als Cheftrainer und Swen König als Torhütertrainer startet am Mittwoch, 12. September mit einem Auswärtsspiel in Finnland in die EM-Qualifikationskampagne. Hübel, der seit der U15 in allen nationalen Alterskategorien zum Einsatz kam, erhielt kurz vor Redaktionsschluss der Matchzeitung erfreulicherweise das Aufgebot für diesen Zusammenzug.

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Marvin Hübel gratuliert Nicholas Ammeter zu dessen gelungener Heimspielpremiere (2019).

Die Nummer 1 des FC Aarau beschreibt sich als ehrlicher und kontaktfreudiger Typ. «Ich bin ein offener Mensch, mit mir kann man es lustig haben, aber ich sage auch, wenn man wieder bremsen sollte.» In der Kabine gehört er eher zu den Ruhigeren. «Es ist gut, wenn die Jüngsten nicht die grösste Klappe haben.» Auf dem Feld aber gilt es zu seinen Aufgaben, lautstark zu dirigieren. Und was sind seine Ziele für die laufende Saison? «Persönlich erwarte ich von mir, dass ich im ‹neuen› Profileben gut zurecht komme. Ich will mich in jedem Training verbessern und in jedem Spiel meine bestmögliche Leistung bringen. Wenn mir und dem Team dies gelingt, dann werden wir auch den erhofften Erfolg einfahren.»

Matchzeitung Nr. 3 (2023/24) lesen

Dieser Artikel ist am 1. September 2023 in der Ausgabe Nr. 3 (Saison 2023/24) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Stade Nyonnais erschienen.

Download: Matchzeitung Nr. 3 (2023/24)

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