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Kevin Spadanuda schaffte den Sprung von der 4. Liga in die Challenge League innert zweier Jahre, nachdem ihn einst eine schwerwiegende Verletzung aus allen Träumen gerissen hatte.

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Zum Gespräch treffen wir uns bei der Stadtkirche in der Altstadt von Aarau. Wir betrachten den imposanten Bau ausgiebig von innen und aussen. Der Treffpunkt ist nicht zufällig gewählt: Kevin Spadanuda besucht seit einiger Zeit vor jedem Spiel eine Kirche. Häufig ist es die Kapelle in Schinznach-Bad, aber auch andere Kirchen in der Region nutzt er als Rückzugsort. Dort betet er, kommt zur Ruhe und dankt Gott für den Traum, den er nun endlich leben darf. Denn dass er heute auf diesem Niveau Fussball spielen darf, ist alles andere als selbstverständlich.

  • Sommer 2017, Sportplatz Schachen in Schinznach: Kevin Spadanuda spielt in seinem Wohnort mit Kollegen in der 4. Liga beim FC Schinznach-Bad.
  • Sommer 2019, Stade Olympique de la Pontaise in Lausanne: Kevin Spadanuda debütiert in der Challenge League und erzielt bereits nach neun Minuten sein erstes Profigoal, auswärts beim Leader – nur zwei Jahre nach dem Neustart in der zweituntersten Spielklasse.

Was sich wie ein Märchen anhört, war ein Werdegang über einen riesigen Umweg. Kevin startete wie viele seiner Altersgenossen bereits im frühen Kindesalter mit dem Fussballspielen. Beim FC Glattfelden fiel er bald den Scouts vom Grasshopper Club Zürich auf und spielte während fünf Jahren im Nachwuchs des Rekordmeisters. Nach dem Umzug der Familie nach Schinznach-Bad liessen sich Schule und der weite Weg ins Training nur noch schwer vereinbaren, sodass sich Spadanuda nach einem Verein in der Nähe umsah – beim FC Aarau setzte er seinen fussballerischen Werdegang fort. «Ich war vergleichsweise klein und schmächtig, deshalb musste ich viel im technischen Bereich arbeiten», erinnert sich Spadanuda, der dem Traum vom Profifussball 2015 im Team Aargau U-21 schon relativ nahe war.  Dort spielte er bereits mit seinen heutigen Mitspielern Raoul Giger, Mats Hammerich und Miguel Peralta zusammen.

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Spadanuda ist von Philipp Muntwiler nicht zu stoppen

Doch statt kontinuierlich nach oben führte sein eigener Weg plötzlich ins Bodenlose. Während eines Auswärtsspiels beim SC Schöftland blieb Spadanuda nach einem Schuss regungslos liegen. Er wurde ins Krankenhaus gebracht («Ich konnte mich kaum noch bewegen») – es folgte eine Odyssee mit unzähligen Arztbesuchen im In- und Ausland, Therapieversuchen und Medikamenten. Nichts brachte eine konkrete Diagnose oder die so sehr gewünschte Besserung; seine Lehre zum Fachmann Betriebsunterhalt musste Spadanuda aufgrund der starken Rückenschmerzen abbrechen und stand vor dem Nichts.

«Ich fiel in ein tiefes Loch und litt enorm unter der Perspektivlosigkeit.»

Kevin Spadanuda, über seine Verletzung

«Ein Arzt machte mir klar, dass ich mit meinem Körper den Traum vom Spitzensport aufgeben muss», erinnert sich Spadanuda. Es folgten die zwei schlimmsten Jahre im Leben des jungen Offensivspielers. Nach einem Jahr Leidenszeit entschied er sich schweren Herzens, einen Schlussstrich zu ziehen und hörte komplett mit Fussballspielen auf. «Ich fiel in ein tiefes Loch und litt enorm unter der Perspektivlosigkeit», so Spadanuda, der während zwei Jahren weder Fussball spielen noch arbeiten konnte.

Neuanfang beim FC Schinznach-Bad

Eines Tages nahm ihn der Partner seiner Mutter mit ins Fitnessstudio – schliesslich der Wendepunkt in der langen Leidenszeit. Spadanuda war begeistert und begann fast täglich zu trainieren. Überraschenderweise wurden dadurch auch die Schmerzen immer weniger und Spadanuda konnte langsam wieder schmerzfrei Sport treiben – etwas, woran zuvor lange Zeit nicht zu denken war.  In der Zwischenzeit fand er auch eine neue Lehrstelle und Spadanuda begann die Ausbildung zum Logistiker. Sein bester Freund spielte zu dieser Zeit beim FC Schinznach-Bad in der 4. Liga und fragte Spadanuda, ob er Lust hätte wieder Fussball zu spielen. «Er sagte mir, dass ich einfach vorne stehen könne», lacht Spadanuda, der die Chance wahrnahm und von Beginn weg die Spiele nach Belieben dominierte – die Freude am Fussball kehrte zurück.

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Spadanuda vor der Stadtkirche

So wechselte er bereits nach einem halben Jahr zum SC Schöftland, wo er die Rückrunde in der 2. Liga interregional unter dem ehemaligen Aarauer Nachwuchstrainer Jürg Widmer absolvierte. Ausgerechnet Schöftland: Dort hatte seine «erste Karriere» einst abrupt geendet. Im zweiten Anlauf vermochte sich Spadanuda sofort mit starken Leistungen auszuzeichnen, was das Interesse von Baden-Cheftrainer Ranko Jakovljevic weckte, der den Flügelspieler aus dem Team Aargau kannte.

«Ich war vorerst skeptisch, weil ich zuvor noch nie auf diesem Niveau gespielt hatte. Auch der Kunstrasen bereitete mir Sorgen», so Spadanuda. Schliesslich wollte er sich die Chance aber nicht entgehen lassen: «Für mich persönlich war extrem wichtig zu wissen, dass ich nichts unversucht liess, um meinen Traum doch noch zu verwirklichen.» Das Wagnis lohnte sich, Spadanuda absolvierte 26 Spiele und erzielte dabei 12 Tore für den Erstligisten, dies nachdem er in der Saison zuvor noch vier Ligen tiefer gespielt hatte. «Hätte mir jemand ein Jahr zuvor diese Entwicklung prophezeit, hätte ich ihn für verrückt erklärt», lacht Spadanuda.

«Der Tag der Unterschrift war sowohl für mich als auch für meine Familie einer der schönsten Momente überhaupt.»

Kevin Spadanuda, über die Rückkehr nach Aarau

Mit dem neu gewonnenen Selbstvertrauen und dem Wissen, dass der Rücken hält, stiegen die Ambitionen, sodass das Testspiel gegen den FC Aarau im vergangenen Herbst genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen wäre. Wäre, denn Spadanuda konnte aufgrund einer muskulären Verletzung nicht mittun und ärgerte sich extrem über diese verpasste Chance. Doch Trainer Jakovljevic weibelte bei den FCA-Verantwortlichen für Spadanuda, sodass er im Januar dieses Jahres für eine Woche zum Training mit der 1.  Mannschaft eingeladen wurde, inklusive Testspielen gegen die Superligisten FC Basel und FC Zürich.

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Aus dem eigenen Nachwuchs in die 1. Mannschaft

«Eine grossartige Erfahrung, mich mit Spielern messen zu dürfen, die ich sonst nur im Fernseher sah», erzählt Spadanuda, der für die Probetrainings extra eine Woche Ferien bei seinem Arbeitgeber bezog. Er vermochte zu überzeugen, und rund vier Jahre nach seinem letzten, schmerzhaften Einsatz im Team Aargau U-21 landete Spadanuda wieder im Brügglifeld, dieses Mal mit einem Dreijahresvertrag als Fussballprofi. «Der Tag der Unterschrift war sowohl für mich als auch für meine Familie einer der schönsten Momente überhaupt», erzählt Spadanuda und streicht die grossartige Unterstützung seiner Familie heraus: «Ich konnte ihnen damit auch endlich etwas zurückgeben.» Die Lehre konnte er dank seines grosszügigen Arbeitgebers unterbrechen. Sollte es mit der Karriere als Fussballprofi nicht klappen, dürfte er zurückkehren.

Vier Skorerpunkte auf dem Konto

Beim FC Aarau startete Spadanuda vielversprechend in die Saisonvorbereitung, wurde aber vor dem Ligaauftakt von einer Adduktorenverletzung für einige Wochen ausser Gefecht gesetzt. Wieder genesen, liess sein Debüt als Fussballprofi nicht lange auf sich warten. Im Auswärtsspiel gegen den Leader FC Lausanne-Sport wurde Spadanuda nach rund 75 Minuten eingewechselt. «Vor dem Spiel war ich sehr nervös, aber als wir beim Stadion ankamen, wollte ich nur noch spielen», erzählt Spadanuda, der sein Debüt nach nur neun gespielten Minuten mit seinem ersten Tor für den FC Aarau krönen konnte. Richtig freuen konnte er sich allerdings nicht, da das Spiel klar verloren ging. «Nach dem Spiel haben mir der Trainer und meine Mitspieler aber trotzdem gratuliert», erzählt Spadanuda.

Seither kam er regelmässig zum Einsatz und verbuchte in den letzten beiden Spielen insgesamt drei Assists, zudem holte er einen Elfmeter heraus. «Als kleiner Junge hatte ich den Traum, Fussballprofi zu werden, nun darf ich diesen Traum leben», so der Fan von Real Madrid. Man darf gespannt sein, wie weit ihn sein zweiter Anlauf im Fussball-Business noch bringen wird.

Matchzeitung Nr. 7 (2019/20) lesen

Dieser Artikel ist am 18. Oktober 2019 in der Ausgabe Nr. 7 (Saison 2019/20) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Lausanne-Sport erschienen.

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