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Geoffrey Tréand brachte im Sommer frischen Wind ins Aarauer Mittelfeld – im ersten Spiel mehr, als ihm lieb war. Nun gewährt er einen Einblick ins Leben seiner kleinen Familie.

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Geoffrey Tréand ist zwar Franzose, verbrachte aber den Grossteil seines Lebens in der Schweiz. Kein Wunder, liegt doch sein Heimatort Annemasse direkt an der Grenze zur Schweiz und gilt praktisch als Stadtteil von Genf. Da erstaunt es nicht weiter, dass auch seine Fussballkarriere in der Schweiz begann: Mit zehn Jahren debütierte Tréand bei Étoile Carouge und blieb dem Club neun Saisons lang treu. In der 1. Liga schoss er Tor um Tor, was ihm bald die Aufmerksamkeit eines Traditionsclubs aus der Super League verschaffte: Servette Genève. Doch praktisch zeitgleich ereilte den Club der Konkurs – die unselige Geschichte rund um «Retter» Marc Roger ist hinlänglich bekannt.

Trotz Relegation in die 1. Liga blieben Tréand und einige weitere junge Spieler dem Club erhalten, und nach nur einer Saison gelang den «Grenats» der Aufstieg in die Challenge League. Doch während seiner Zeit in Genf musste Tréand auch Rückschläge wegstecken: «Im Frühling 2008 – ich war zu dieser Zeit als Servettes Topskorer in einem ziemlichen Hoch – erlitt ich einen Riss des vorderen Kreuzbands im linken Knie.» Die Verletzung konnte den jungen Franzosen nicht stoppen, und er wurde nach seiner Rückkehr schnell wieder zu einer wichtigen Stütze im Mannschaftsgefüge der Servettiens.

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Geoffrey Tréand jubelt im FCA-Trikot

Das blieb auch in der Super League nicht unbemerkt: Mit Neuchâtel Xamax wurde ein weiterer Westschweizer Traditionsclub auf ihn aufmerksam. Tréand wagte den Wechsel zu Beginn der Saison 2010/11: «Die Super League lockte, und ich hatte Aussichten auf einen Stammplatz. Die geografische Nähe zu meiner Heimat und die vertraute Sprache waren da noch das Tüpfelchen auf dem i – auch wenn es mir schwer fiel, Servette zu verlassen.»

Doch auch Xamax ereilte ein ähnliches Schicksal wie Servette: Hier war es Bulat Tschagajew, ein tschetschenischer «Investor» mit zweifelhaftem Ruf, der den Club im Januar 2012 in den Konkurs trieb. Mit der Zwangsrelegation wurde Geoffrey Tréands Vertrag mit den Neuenburgern nichtig, und den Rest der laufenden Saison verbrachte er beim FC Sion. Anschliessend kehrte er für zwei Saisons zu Servette zurück, das in der Zwischenzeit den Wiederaufstieg in die Super League geschafft hatte.

«Ich spürte, dass ich das Vertrauen des Trainers nicht mehr hatte.»

Geoffrey Tréand, über seinen Abgang in St. Gallen

Trotz neuerlichen Abstiegs in die Challenge League blieb er dem Club für weitere zwei Saisons treu, bevor Jeff Saibene ihn in die andere Ecke der Schweiz nach St. Gallen holte. Nachdem Joe Zinnbauer das Team übernommen hatte, blieb Tréand jedoch nur noch die Rolle als Zuschauer. «Spätestens da begann ich mir Gedanken um meine sportliche Zukunft zu machen. Klar, dass ein Fussballspieler nicht zufrieden sein kann, wenn er Wochenende für Wochenende auf der Bank sitzt. Obwohl wir in den Spielen, in denen ich zum Einsatz kam, im Schnitt zwei Punkte holten, spürte ich, dass ich das Vertrauen des Trainers nicht mehr hatte.»

Der Wechsel nach Aarau im Sommer 2016 war für Tréand zwar faktisch ein Abstieg in die Challenge League, kam aber gleichzeitig einer Rückbesinnung auf echte Werte gleich: «Aarau ist ein Verein mit grosser Tradition, das respektiere ich sehr. Zudem habe ich in all den Jahren etwas gelernt: Für mich persönlich ist das Wichtigste die Freude am Spiel, nicht die Liga, in der ich spiele.» Ist das nicht eine gar abgedroschene Floskel? «Nein, für mich nicht. Als ich am Anfang meiner Karriere stand, wollte ich mir und allen anderen beweisen, dass ich das Zeug zum Super-League-Spieler habe. Das habe ich getan. Nun sind für mich andere Werte wichtig. Dazu gehören das Vertrauen des Trainers, ein gutes Mannschaftsgefüge und die Tatsache, dass ich regelmässig spielen kann. Alles andere ist zweitrangig.»

Grosser Frust beim FCA-Debüt

Dass Tréand direkt zu Beginn seines Engagements in Aarau diese Werte gleich selbst sabotierte und nicht regelmässig spielen konnte, das hat er selbst zu verantworten: «Die rote Karte im ersten Spiel ärgerte mich sehr. Meine ganze Familie war im Stadion, um mein Debüt bei Aarau zu sehen, und meine Motivation war riesig. Und dann passiert so etwas. Ich war unglaublich frustriert und wollte mit keinem aus der Familie über das Spiel sprechen.»

In Geoffrey Tréands Karriere ging es also auf und ab, von Liga zu Liga, vom einen zum anderen Ende der Schweiz. Durchhaltewillen ist da ein immer wiederkehrendes Thema. Davon zeugt eine Tätowierung auf seinem rechten Oberarm: «Der Phönix symbolisiert für mich, niemals aufzugeben und immer wieder von Neuem das Beste aus der Situation zu machen.» Zeit seines Lebens hat Tréand im offensiven Mittelfeld gespielt. Warum gerade diese Position? «Ganz ehrlich: Als Verteidiger hätte ich nicht so viel Spass am Spiel. Mich zieht es zum Tor. Ich mag es, offensiv zu spielen. Allerdings weiss ich auch, dass ich als reiner Stürmer zu wenig Qualitäten hätte.»

«Wir möchten die Saison unbedingt unter den ersten drei abschliessen – und da ist ja auch noch der Cup.»

Geoffrey Tréand, über die Saisonziele

Von Mittelfeldspielern sagt man oft, dass sie intelligent spielen sollten. «Das stimmt grundsätzlich schon. Man muss einen gewissen Instinkt haben und das Spiel lesen können. Allerdings bin ich kein Typ, der zu viel studiert. Mein Kopf käme mir dabei nur in den Weg. Deshalb spiele ich meine Pässe meist spontan, meine Spielentscheidungen kommen aus dem Bauch heraus.» Allzu viele Gedanken macht sich Tréand auch nicht über die laufende Meisterschaft: «Wenn nicht noch ein Wunder passiert, ist der Zug für den Aufstieg abgefahren. Zürich spielt einfach zu souverän und gibt sich keine Blösse. Doch wir möchten die Saison unbedingt unter den ersten drei abschliessen – und da ist ja auch noch der Cup. Genügend Motivation also für schöne Saisonziele.»

Eine war bei Geoffrey Tréands fussballerischer «Reise durch die Schweiz» stets treu an seiner Seite: Gattin Alexandra. Die Genferin und der «Grenzgänger» aus Frankreich lernten sich schon in der Schule kennen und wurden vor etwas mehr als zehn Jahren ein Paar. «Dass Alexandra mein Fussballerleben mitmacht und bei meinen Transfers stets zusammen mit mir die Umzugskartons packt, ist nicht selbstverständlich. Ich habe wirklich grosses Glück!»

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Entspannung im Seilpark während des Trainingslagers im Allgäu

Und das Glück der beiden ist vor 15 Monaten noch etwas grösser geworden: Söhnchen Timothée wurde geboren und hat die Welt der beiden gehörig auf den Kopf gestellt. «In meiner Freizeit dreht sich momentan alles um meinen kleinen Sohn», so Tréand, «wir lieben es, zusammen spazieren zu gehen.» Zu den Ausflugszielen der jungen Familie zählt auch das Schloss Lenzburg, das in Sicht- und Gehdistanz zur Wohnung liegt. «Der Ausblick auf das Schloss ist einfach phänomenal», so der 31-Jährige. «Geschichte fasziniert mich. Ich mag es, alte Schlösser und Burgen zu besichtigen und mir vorzustellen, wie das Leben damals war.»

Nicht ganz aus dem gleichen Jahrhundert wie das Schloss Lenzburg – doch immerhin auch aus dem letzten Jahrtausend – stammt das Brügglifeld. «Stimmt», lacht Tréand, «auch das Brügglifeld könnte man fast schon zu den historischen Bauten der Schweiz zählen! Allerdings versprüht es gerade deswegen einen ganz speziellen Charme. Bei meiner Ankunft in Aarau hat mich die veraltete Infrastruktur sofort an meine Zeit bei Étoile Carouge erinnert. Damit verbinde ich aber nur gute Erinnerungen. Ich finde es schön, dass es in der Schweiz noch solche Stadien wie das Brügglifeld gibt. Auch die Charmilles in Genf zählte dazu – leider kam ich gerade ein bisschen zu spät zu Servette, um dort noch spielen zu können. Nun bin ich dafür umso stolzer, im Brügglifeld auflaufen zu dürfen.»

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Dieser Artikel ist am 26. November 2016 in der Ausgabe Nr. 9 (Saison 2016/17) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den Neuchâtel Xamax FCS erschienen.

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