Inzwischen sind rund eineinhalb Wochen seit unserem letzten Saisonspiel vergangen. Wie blickst du aus Aarauer Sicht auf die zu Ende gegangene Spielzeit zurück?
Patrick HallerNach dem Umbruch im Sommer waren wir bescheiden mit einer verjüngten Mannschaft in die Saison gegangen. Unser Ziel war die obere Hälfte der Tabelle, um in Ruhe etwas Neues aufzubauen, das wir in den nächsten Jahren weiterentwickeln können. Nach einem harzigen Auftakt sind wir schneller vorwärts gekommen, als wir es uns vor der Saison ausgemalt hatten. Rückblickend bin ich sehr zufrieden mit unserem Auftritt. Wir haben unsere Zielsetzung erfüllt und uns mit der Qualifikation für den Cup-Halbfinal hervorheben können. Natürlich ist es ein kleiner Wermutstropfen, dass es nicht fürs Endspiel gereicht hat und wir am finalen Spieltag auf den fünften Rang zurückgefallen sind. Aber dass wir bis zum Schluss um den Aufstieg gekämpft haben, ist eine starke Leistung. Wir sind auf einem guten Weg, doch in gewissen Situationen hat sich auch gezeigt, dass wir noch nicht konstant und reif genug waren für die Spitzenplätze.
Philipp Bonorand«Unser oberstes Ziel ist es, das Kader zusammenzuhalten.»
Was gibt es in der aktuellen Sommerpause zu tun?
Patrick HallerGrundsätzlich tut es allen Beteiligten rund um den FC Aarau gut, ihre Köpfe nach einem sehr intensiven Jahr etwas lüften zu können. Die Spieler haben nach dem letzten Spiel eine Woche Pause erhalten. Ab sofort bereiten sie sich mit einem individuellen Fitnessprogramm auf den Trainingsauftakt (21. Juni) vor. Unser oberstes Ziel ist es, das Kader zusammenzuhalten. Viele Verträge konnten in der jüngeren Vergangenheit bereits verlängert werden, im Angriff gibt es noch offene Personalien. Natürlich wollen wir uns auch punktuell verstärken. Da ist Sportchef Sandro Burki in der nächsten Zeit gefordert. Zudem sind wir weiterhin auf der anspruchsvollen Suche nach einem neuen Hauptsponsor. Unser Rasen im Brügglifeld wird in der Sommerpause ebenfalls saniert und die alljährliche Generalversammlung muss vorbereitet werden.
Philipp BonorandWeshalb wird die Generalversammlung zum zweiten Mal in Folge schriftlich abgehalten?
Patrick HallerWir haben viele Aktionäre, welche auch an der Generalversammlung präsent sind. Aufgrund der Corona-Pandemie ist es zurzeit unmöglich, eine Veranstaltung von dieser Grössenordnung physisch durchzuführen. Eine erneute Verschiebung in den Herbst kam für uns nicht in Frage, denn wir wollen vorwärts machen und wichtige Entscheide für die Zukunft treffen. Es war nicht optimal, dass wir das Vorjahr erst spät (Anm.: Ende September) abgeschlossen haben.
Philipp BonorandDie FC Aarau AG hat das Geschäftsjahr 2020 nach Auflösung von Reserven mit einem Minus von rund 200‘000 Franken abgeschlossen. Wie fällt dein finanzielles Gesamtfazit aus?
Patrick HallerIn Anbetracht von grossen Unsicherheiten wegen der Corona-Pandemie bin ich mit dem Ergebnis zufrieden; schlussendlich sind wir mit einem blauen Auge davonkommen. Unser Worst-Case-Szenario war von einem Fehlbetrag von weit über einer Million Franken ausgegangen. Es geht dem FC Aarau also weiterhin gut. Wir müssen keine Angst haben, in der nahen Zukunft in der Existenz gefährdet zu sein. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass das «positive» Ergebnis primär durch zwei Faktoren entstanden ist: Erstens hatten wir ausserordentliche einmalige Einnahmen durch die Kurzarbeitsentschädigung und den Transfer von Yvan Alounga. Und zweitens durften wir eine gewaltige Solidarität in unserem Umfeld erfahren: Viele Sponsoren sind uns treu geblieben, obwohl sie selbst mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen haben. Unsere Gönner haben rund 200‘000 Franken zusätzlich überwiesen und der grösste Teil unserer Saisonkarteninhaber hat auf eine Rückerstattung verzichtet, auch wenn sie fast nie «live» im Stadion dabei sein durften. Deshalb haben wir uns auch entschlossen, alle Saisonkarten automatisch um eine Spielzeit zu verlängern. Wir werden nächstens alle Saisonkarteninhaber anschreiben und hoffen, dass sie unseren Effort mit einer Einzahlung auf freiwilliger Basis honorieren werden.
Philipp BonorandWas sind die Gründe für eine neuerliche Aktienkapitalerhöhung?
Patrick HallerWir wollen unsere Kapitaldecke proaktiv stärken - und nicht, weil wir am Anschlag wären. Weil es immer noch viele Unsicherheiten rund um die Corona-Pandemie gibt, ist es umso wichtiger, dass wir eine gewisse Kapitaldecke für die langfristige Entwicklung unseres Projektes haben; schliesslich müssen wir jetzt zahlreiche Entscheidungen treffen, welche nicht warten können, bis wir eine allfällige Planungssicherheit haben. Der Weg zurück zur Normalität wird noch lang und steinig sein. Wir haben ein junges Kader mit attraktiven Spielern, welche auch für andere Clubs interessant sein können. Aber wir wollen unseren Weg fortsetzen und die Mannschaft weiterentwickeln. Es wäre zum jetzigen Zeitpunkt fatal, wenn wir Spieler aus finanzieller Notwendigkeit verkaufen müssten. Mit der Stärkung unserer finanziellen Basis wollen wir ein klares Zeichen für unsere Zukunft und den von uns eingeschlagenen Weg setzen.
Philipp Bonorand«Der FC Aarau soll unabhängig bleiben und in der Bevölkerung breit abgestützt sein.»
Wer soll mit der Aktienkapitalerhöhung angesprochen werden?
Patrick HallerInzwischen liegt die letzte Kapitalerhöhung bereits wieder neun Jahre zurück. Im Umfeld gibt es viele Personen, welche damals (2012) in anderen Rollen waren. Wir versuchen diese «neue Generation» zu erreichen, welche auch einen Teil des FCA besitzen möchte. Natürlich können auch bestehende Aktionäre ihren Anteil aufstocken. Überhaupt wollen wir möglichst viele Leute, denen der FC Aarau am Herzen liegt, ansprechen, um eine breite Streuung der Aktien zu erreichen. Investoren oder Spielervermittler, welche den FC Aarau als Investitionsmöglichkeit sehen, sind hingegen unerwünscht. Der FC Aarau soll unabhängig bleiben und in der Bevölkerung breit abgestützt sein. Deshalb haben wir vor einem Jahr auch in die Statuten aufgenommen, dass niemand mehr als 30% der FCA-Aktien kontrollieren darf.
Philipp BonorandAlle bestehenden Aktionäre waren bis Ende April aufgefordert, ihre Anteile in Namenaktien umzuwandeln. Wie ist diese Aktion abgelaufen?
Patrick HallerEs handelt sich um eine Gesetzesänderung, welche es umzusetzen galt. Der FC Aarau hat in seiner Kommunikation immer wieder darauf hingewiesen, doch die fehlenden Kontaktdaten verunmöglichten es, alle Aktionäre direkt anzuschreiben. Längere Zeit war der Rücklauf eher schleppend, aber am Ende ist doch noch viel gegangen. Insgesamt sind nun rund zwei Drittel der Aktien im Aktienbuch eingetragen worden. Diese Aktionäre kennen wir nun mit Namen und können sie z.B. vor einer Generalversammlung persönlich einladen.
Philipp Bonorand