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Unser Abwehrspieler Marco Corradi (19) blickt auf ein durchzogenes Jahr 2019 zurück. Nach einem erlittenen Kreuzbandriss arbeitet er hart für sein Comeback.

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Vor 20 Jahren beherrschte vor allem ein Thema die Schlagzeilen: «Millennium». Die Aufregung und Vorfreude, den Wechsel in ein neues Jahrtausend mitzuerleben, war gross. Ebenso die Befürchtungen nach Computerabstürzen in grossem Masse (Millennium-Bug), derweil Sekten die Apokalypse prophezeiten. Als der legendäre Silvester über die Bühne gegangen war – und die Erdkugel sich noch immer wie gehabt weiterdrehte –, berichteten die Medien über die ersten «Millennium Babys». So wurde in der «Schweizer Illustrierten» unter anderen ein Foto von Marco Corradi – Geburtszeit 0.02 Uhr – als einem der neugeborenen Erdenbürger abgedruckt. Zehn Jahre später sowie Anfang 2018 suchte die «SI» einige dieser Auserwählten nochmals auf und berichtete, wie sich diese Kinder mit Geburtsdatum 1.1.2000 entwickelt hatten. Daher schaffte es Corradi also bereits dreimal ins meistgelesene Boulevard-Magazin der Schweiz.

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Marco Corradi auf dem SI-Titelbild (unten Mitte)

Auf das spezielle Datum angesprochen, meint der bald 20-Jährige: «Für mich ist dies nichts allzu Besonderes. Ich kann mich aber erinnern, dass ich als Kind lange meinte, die vielen Feuerwerke seien wegen meines Geburtstags!»

Bald übertrug sich die Fussballbegeisterung von Vater Mario – er schaffte es einst ins erweiterte Kader des damals noch national beachteten FC Wettingen – auf dessen Sohn. «In meiner Nähe befand sich meist ein Ball», erinnert sich Marco. Im Alter von sechs Jahren begann der Dottiker im Nachbardorf beim FC Wohlen mit Vereinsfussball. Drei Jahre später machte er als Teilnehmer des FC Aarau Juniorencamps auf sich aufmerksam; kurz darauf wurde er in ein Probetraining eingeladen. «Wir hatten zuerst Bedenken, ob ein Wechsel wegen des relativ weiten Weges nach Aarau Sinn machen würde, aber schliesslich wollte ich die Chance packen», erinnert sich Corradi, dessen Vater während einiger Jahre die Rolle als Chauffeur ins Brügglifeld und retour einnahm.

«An Turnieren musste ich meine Identitätskarte dabeihaben, da ­jeweils Zweifel bestanden, ob mein Alter wirklich stimmt.»

Marco Corradi, über seine Juniorenzeit

Auffallend beim jungen Verteidiger war nicht nur sein Talent, sondern auch seine Körpergrösse. Die meisten Teamkollegen überragte er um einen Kopf. «Auf den Mannschaftfotos stand ich daher immer neben dem Trainer», lacht Corradi, der inzwischen 1,89 m misst, «und an den Turnieren musste ich meine Identitätskarte dabeihaben, da ­jeweils Zweifel bestanden, ob mein Alter wirklich stimmt.»

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Marco Corradi als Zehnjähriger im SI-Interview

So folgte die Annäherung an die 1. Mannschaft. Bereits mit 16 Jahren durfte er zeitweise im Team des damaligen Cheftrainers Marco Schällibaum mittrainieren. Und am 12. Februar 2017 sorgte Corradi erneut für Schlagzeilen. Sein Debüt in der Brack.ch Challenge League war gleichbedeutend mit dem ersten Einsatz eines Spielers mit 2000er-Jahrgang im Schweizer Profifussball. Ausgerechnet bei einem Spiel in Wohlen durfte er erstmals ran, auch wenn es nur für die Schlussminuten war. «Ich wurde zwar zum Aufwärmen geschickt, hatte aber nicht damit gerechnet, dass mich der Trainer einwechselt. Als ich aufs Feld lief, fühlte ich mich wie in einem Tunnel. Es war schön, dass viele langjährige Kollegen vor Ort waren, mit denen ich diesen besonderen Moment nach dem Spiel teilen konnte.»

Abgeschlossene Lehre im Detailhandel

In weniger guter Erinnerung bleibt Corradi dessen zweiter Einsatz drei Wochen danach. In Chiasso wurde er kurz nach der Pause beim Stand von 1:1 für den verletzten Juan Pablo Garat eingewechselt. Das Spiel ging mit 1:5 verloren. «Auf der Heimfahrt war ich total niedergeschlagen. Ich hatte das Gefühl, ich alleine hätte die Niederlage zu verantworten. Es tat gut, wie die Mannschaft und der Staff mir zuredeten und mich wieder aufbauten.»

In der Folgesaison kam Corradi vorwiegend in der U-18 und U-21 zum Einsatz. Abseits des Platzes konnte er seine Lehre als Detailhandelsfachmann in einem Kleiderladen erfolgreich abschliessen. «Meine Mutter und meine neun Jahre ältere Schwester arbeiten ebenfalls in der Modebranche. Ihr Interesse für dieses Metier hat auf mich abgefärbt», meint der Hobbykoch, der inzwischen mit seinem Vater eine «Männer-WG» bildet.

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Im Februar 2017 debütierte er als erster Spieler mit 2000er-Jahrgang im Schweizer Profifussball

Um Matchpraxis auf höherem Niveau zu erhalten, liess er sich in der vergangenen Spielzeit zum FC Baden ausleihen. «In diesem Jahr konnte ich viel profitieren. Baden ist ein sehr ambitionierter Verein, bietet professionelle Strukturen und verfügt mit Trainer Ranko Jakovljevic über einen ausgewiesenen Fachmann. Er nahm sich viel Zeit für mich und half mir weiterzukommen.»

Nach vielen Spielminuten in der Vorrunde entfielen im Frühling nur noch wenige Einsätze auf Corradis Konto. Aufgrund der Re­krutenschule konnte er nur reduziert trainieren, ausserdem plagten ihn wochenlang Blessuren. Trotzdem überwiegt die positive Erfahrung: «Die Saison bei Baden und die RS haben dazu beigetragen, dass ich selbstbewusster geworden bin.»

«Anfänglich gingen wir davon aus, dass es keine schlimmere Verletzung sei.»

Marco Corradi, über seine Verletzung

Zurück beim FC Aarau startete er mit Vorfreude und neuem Elan diesen Sommer die Vorbereitung auf die neue Saison. Doch bereits im ersten Testspiel folgte nach einer Viertelstunde der grosse Tiefschlag: Nach einem Misstritt auf dem holprigen Rasen musste der Innenverteidiger mit schmerzverzerrtem Gesicht vom Feld begleitet werden. «Anfänglich gingen wir davon aus, dass es keine schlimmere Verletzung sei.» Umso grösser der Schock, als ein Kreuzbandriss diagnostiziert wurde.

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Marco Corradi im Badener Trikot (Saison 2018/19)

Wieder durfte Marco Corradi die grosse Solidarität im Team erfahren. «Ich habe viele Genesungswünsche erhalten. Vor allem Miguel Peralta und Marco Thaler, die ja beide schon viel Verletzungspech zu beklagen hatten, haben mir sehr geholfen, über die erste Enttäuschung hinwegzukommen.» Die Operation verlief erfolgreich und die Genesung schreitet gut voran. Der leidenschaftliche Schwimmer nutzte das Element Wasser, um darin erstmals sein lädiertes rechtes Bein zu belasten. Täglich investiert er im Rehacenter von med&motion, dem Medical Partner des FC Aarau, einige Stunden in den Kraftaufbau. «In den kommenden Wochen geht es darum, wieder das Vertrauen ins Knie zurückzuerlangen. Ab Januar werde ich wieder auf dem Platz stehen können für Laufeinheiten und Übungen mit dem Ball.»

Kein unnötiges Risiko eingehen

Auch wenn er den Wiedereinstieg ins Mannschaftstraining herbeisehnt, möchte er nichts überstürzen. «Lieber pausiere ich etwas länger, dafür hält das Band danach», gibt sich Corradi, dessen Vertrag beim FC Aarau bis Juni 2021 dauert, pragmatisch. Im Verlauf der Rückrunde sollte er wieder voll einsteigen können und spätestens in Hinblick auf die kommende Saison wieder bereit sein, um für neue, positive Schlagzeilen zu sorgen.

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Marco Corradi arbeitet hart für sein Comeback

Doch zuerst freut sich der Spieler mit der Rückennummer 56 – «eine Hommage an meine Heimat, 5605 Dottikon» – auf die bevorstehenden Ferien, in denen einiges auf dem Programm steht: «Zuerst verreise ich mit meiner Freundin Belma in meine Lieblingsstadt, nach Paris. Nach den Weihnachten werde ich von meiner Mutter überrascht. Wohin es geht, verrät sie mir nicht. Ich weiss nur, dass ich warme Kleider mitnehmen muss», lacht der sympathische Freiämter. Und da wäre ja noch der bevorstehende zwanzigste Geburtstag: «Diesen feiere ich mit Freundin und Kollegen im Tessin.»

In diesem Sinne: Fröhliche Feiertage und schöne Ferien, Marco!

Matchzeitung Nr. 10 (2019/20) lesen

Dieser Artikel ist am 15. Dezember 2019 in der Ausgabe Nr. 10 (Saison 2019/20) der Matchzeitung HEIMSPIEL gegen den FC Chiasso erschienen.

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